Das bisschen Haushalt

Milliarden Euro. Das ist der Haushalt der Stadt Düsseldorf 2025, den Oberbürgermeister Keller am 12. Dezember im Rat der Stadt verabschieden lassen will. Den 4,2 Milliarden Ausgaben stehen 3,9 Milliarden Einnahmen gegenüber. Den Fehlbetrag von ca. 300 Millionen Euro will sich Keller über die in Düsseldorf noch ganz anständig gefüllte Haushaltsrücklage besorgen. In der Fachsprache nennt sich dann so etwas „ein fiktiv ausgeglichener Haushalt”.

Die Verschuldung pro Kopf und Einwohner*in mit 542 Euro ist für NRW relativ niedrig, damit steht Düsseldorf im Vergleich zu anderen Städten NRWs relativ gut da. Nicht zuletzt deswegen, weil hier wegen Rheinmetall und dem eskalierenden Krieg in der Ukraine Gewerbesteuereinnahmen noch sprudeln.

Der Düsseldorfer Haushalt bleibt somit unter einer Verschuldung, die zusätzliche Ausgaben der Stadt von einer Genehmigung der Bezirksregierung abhängig macht. Man will sich so neben den Pflichtaufgaben noch die ein oder andere Gestaltungsmöglichkeit erhalten können. Wozu man dieses „Spielbein” im Endeffekt nutzt, darüber dürften die Meinungen stark auseinander gehen. Die vollmundig verkündeten Ziele, wie Düsseldorf als Fahrradstadt NRWs oder Klimaneutralität bis 2035, dürften dabei eher in weite Ferne rücken.

Während der Koalitionspartner, die Grünen, Kellers Prestigeobjekt „neue Oper“ mehr als skeptisch gegenüberstehen, bietet sich die Düsseldorfer SPD hier als Mehrheitsbeschafferin in einer möglichen neuen sogenannten Düsseldorf-Koalition (CDU/SPD) an. Bedingungen für diesen Deal mit dem Milliardenprojekt neue Oper: die Errichtung von 8.000 bezahlbaren neuen Wohnungen bis 2030 in Düsseldorf. Die SPD verspricht hier mit dem Wahlkampfslogan „Schneller als Keller” Druck zu machen, muss allerdings feststellen, dass die Wunschkoalitionspartnerin CDU sich von einer verbindlichen Realisierung dieses Ziels bis 2030 wohl längst verabschiedet hat.

Aber 8.000 Wohnungen, was ist das schon bei einem geschätzten Fehlbestand von 50.000 bezahlbaren Wohnungen in Düsseldorf? Es fallen jährlich mehr Sozialwohnungen aus der Bindung als neue entstehen. Werden die in der Haushaltsplanung veranschlagten Mittel überhaupt für 8.000 Wohnungen reichen? Und bis wann sollen sie entstehen? Die Brachen, die die Adler Group auf dem Gelände der Gerresheimer Glashütte und des Grand Central hinterlassen hat, zeigen, dass das mit dem Bau von Wohnungen noch dauern könnte...

Es knirscht also gewaltig in der Düsseldorfer Kommunalpolitik. Und als Keller seinen segensreichen Haushaltsentwurf ankündigte, war das noch vor der letzten der vielen Zeitenwenden, durch die die Bürger*innen in den letzten Jahren gebeutelt wurden. Mittlerweile stehen die Zeichen auf Neuwahlen im Bund und die Themen kommunaler Haushalt und Kommunalwahlen sind, wenn nicht in weite Ferne, so doch sehr in den Hintergrund gerückt.

Das dürfte sich spätestens bis zur entscheidenden Ratssitzung am 12. Dezember ändern. Auch wird klar, dass es aus dem Landeshaushalt keine Mittel für die Fortsetzung notleidender Projekte der freien Wohlfahrtspflege geben wird. Das Geld sei halt nicht da und müsse erst einmal „erarbeitet“ werden, wie CDU-Sozialminister Laumann im Pfeifkonzert von über 32.000 Demonstrant*innen auf den Düsseldorfer Rheinwiesen erklärte (siehe dazu auch unseren Beitrag in dieser Ausgabe).

Die Hängepartie für viele Projekte der freien Wohlfahrtspflege dürfte also ebenso weitergehen wie das Zittern verschiedener kultureller Initiativen und Projekte, die noch auf eine Förderung durch die Bundeskulturministerin gehofft hatten. Mit dem Aus der Ampel und den Neuwahlen im Februar ist das erstmal alles Makulatur. Bis zu den Neuwahlen und einer danach vermutlich komplizierten Regierungsbildung dürften sich viele Projekte im sozialen und kulturellen Bereich, die am seidenen Faden hängen, ganz von alleine erledigt haben, da Strukturen und Personal nicht gehalten werden können.

Und was das Wohnen in Düsseldorf betrifft, schreitet die Vernichtung von bezahlbarem Wohnraum durch Entmietung und Vertreibung von Bestandsmieter*innen weiter voran, ohne dass die Stadt ein entsprechendes Instrumentarium nutzt, um diesem Einhalt zu gebieten (siehe dazu einen weiteren Beitrag in dieser Ausgabe).

Das Düsseldorfer Bündnis für eine gerechte Gesellschaft hatte bereits vor diesen jüngsten Entwicklungen eine Veranstaltung zum Thema Stärkung der kommunalen Finanzen angesetzt. Im Düsseldorfer Bündnis haben sich 18 Organisationen zusammengeschlossen: DGB, Einzelgewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, von Attac über die Students for Future bis zur Altstadt-Armenküche von Pater Wolfgang. Sie luden für den 19. November zu einer Diskussionsveranstaltung im Lambertussaal ein.

Das Thema Haushalt sei nicht gerade „sexy“, meinte Uwe Foullong, einer der Sprecher des Düsseldorfer Bündnisses in seiner Anmoderation der Diskussionsveranstaltung. Den abstrakten Diskussionen über Haushaltsfragen fehlt es halt an entsprechendem „Appeal”. Es mangelt halt oft an konkreten Vorstellungen, wenn es um Millionen (oder waren es Milliarden?) geht. Wenn es um bestimmte Tricks geht, bestimmte Haushaltsposten aus vergangenen Zeiten umzubuchen, oder bestimmte nicht ausgegebene Mittel so zu verstecken, dass man sie in zukünftigen Legislaturperioden noch für etwaige Sonderwünsche nutzen kann. Man muss schon sehr viel Fantasie aufbringen, um Konstruktionen nachzuvollziehen, wie der Ukraine-Krieg weiterzuführen und gleichzeitig die Schuldenbremse einzuhalten sei, ohne dabei Kürzungen im Sozialbereich vornehmen zu müssen.

Das Düsseldorfer Bündnis hatte sich überlegt, den „Armutsforscher“ Christoph Butterwegge zu einem Impulsvortrag zum Thema Stärkung kommunaler Finanzen, um unsere Städte lebenswerter zu machen, einzuladen. Auch Vertreter*innen der politischen Parteien vom Landtag über den Bundestag bis zum Europaparlament, die alle ein politisches Standbein in Düsseldorf haben, waren zu einem Panel eingeladen. Die eingeladenen Politiker*innen ließen es sich nicht nehmen, die Bühne, die das Düsseldorfer Bündnis bot, zu nutzen. Schließlich ging es ja nicht mehr lediglich um Kommunalwahlkampf, man steckte ja mittlerweile in der Vorrunde des Bundestagswahlkampfes. Dementsprechend ging es nicht nur um die kommunalen Finanzen, sondern quer durch die Bundes- und Landespolitik. Dem Mantra, dass Außenpolitik nicht Angelegenheit der Kommunen und Länder sei, sondern ausschließlich ein Privileg der Bundespolitik, wurde jedenfalls mehrfach nicht entsprochen.

Gut, dass Christoph Butterwegge nach seinem Vortrag mehrfach intervenierte, um die Diskussion wieder zu „grounden”, um das Thema „Welches soziale Kapital verspielen wir durch eine zunehmende soziale Ungleichheit in unserer Stadt?” in den Vordergrund zu stellen.

Die Diskussion wurde sehr lebhaft, als die Gesprächsrunde auch für das Publikum eröffnet wurde. Äußerungen des CDU-Vertreters Olaf Lehne, dass Düsseldorf nun einmal keinen Platz für sozialverträgliches Bauen habe, die Menschen, die in Düsseldorf arbeiten, aber schließlich die Möglichkeit hätten, doch in naheliegende günstigere Städte wie Krefeld, Mönchengladbach oder Ratingen zu ziehen, sorgten nicht nur für Heiterkeit. Auch das Bekenntnis des Vertreters der Grünen zu zusätzlichen Mitteln für den Ukrainekrieg, bis die Regierung dort eine bessere Verhandlungsposition erreicht habe, erntete Widerspruch.

So hatte die Veranstaltung im Lambertussaal trotz des trockenen Themas Haushalt nicht nur einen unerwarteten Zulauf. Der Moderator Uwe Foullong konnte am Ende der Veranstaltung auch auf eine angeregte, teilweise sehr kontroverse Diskussion unter Beteiligung des Publikums zurückblicken.

Text und Fotos (siehe Druckausgabe): Michael Flascha

Christoph Butterwegge

In seinem Impulsvortrag hob Prof. Dr. Butterwegge auf den städtischen Raum als wichtige Ebene ab, in dem sich soziale Ungleichheit und materielle Umverteilung konkret manifestieren. Bei den Fragen Wohnen und Mieten wird soziale Segregation und eventuell auch Vertreibung konkret erfahrbar.

Bekannt wurde Butterwegge als „Armutsforscher“, der zunächst mit Studien zur Kinderarmut begann. Heute sieht sich Butterwegge eher als „Umverteilungsforscher“.

In der Diskussion riet Butterwegge davon ab, auf die Abschaffung der Schuldenbremse zu fokussieren. Er schlug stattdessen vor, eher die Einführung zweckgebundener Sondervermögen zu fordern, etwa für Bildung, Wohnen, Infrastruktur etc.

Butterwegge wurde bei der Wahl zum Bundespräsidenten 2017 von der Linken als Gegenkandidat zu Frank-Walter Steinmeier nominiert und erzielte in der Bundesversammlung einen Achtungserfolg von ca. zehn Prozent der Stimmen.