Castor-Transporte: Immer noch nicht vom Tisch

Es sieht so aus, als würde uns dieses leidige Thema noch länger beschäftigen: 152 Castoren sollen weg aus Jülich. Und auf keinen Fall nach Ahaus.

„Grüner Minister zieht Notbremse – Erst in letzter Minute verhinderte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer Vorarbeiten für Castor-Transporte“, berichtet die taz am 12.1. Jetzt sei genau der richtige Zeitpunkt, um diese unsinnigen und gefährlichen Transporte zu verhindern, findet Kerstin Ciesla vom BUND, und auch Atomkraftgegner*innen und Umweltschützer*innen fordern von den Grünen in Bund und Land ein schnelles, koordiniertes Vorgehen noch vor der Bundestagswahl. Denn je nachdem, in welche Hände die zuständigen Ministerien nach der Wahl geraten, könnte die Entscheidung in Sachen Atommüll eine andere politische Färbung erhalten. Mona Neubaur und Oliver Krischer (Bündnis 90 Die Grünen) haben jetzt noch das für die Atomaufsicht zuständige NRW-Wirtschaftsministerium und das Landesverkehrsministerium inne. Cem Özdemir leitet seit dem Ampel-Aus das Forschungsministerium. Damit haben die Grünen, die seit ihrer Gründung als Anti-Atom-Partei schlechthin gelten möchten, die Entscheidungsgewalt. Zusammen mit dem Finanzressort und dem Bundesumweltministerium der Grünen Steffi Lemke kontrollieren die Ministerien Neubaurs und Özdemirs die JEN, die bundeseigene Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen.

Besorgniserregende Schäden

Die JEN will rund 300.000 hoch radioaktive Brennelemente-Kugeln aus dem 1988 stillgelegten Versuchsreaktor Jülich lieber heute als morgen in das mehr als 170 Kilometer entfernte Zwischenlager Ahaus abschieben, obwohl eigentlich alles dagegen spricht. In Ahaus besteht beispielsweise keine Möglichkeit, defekte Castor-Behälter umzupacken, die Betriebsgenehmigung läuft 2036 aus, und die Lagerhalle weist besorgniserregende Schäden auf. Das geht aus einem Schreiben hervor, das Bürgerinitiativen kürzlich an Mona Neubaurs Behörde richteten. Demnach hängt das Hallendach durch, es hat sich Wasser angesammelt, Abhilfe soll mit Drahtseilen geschaffen werden, die zwischen die Hallenwände gespannt werden. Wohlgemerkt, es geht um ein Zwischenlager für hochradioaktiven Müll! Kaum zu fassen, dass in dieses offenbar marode Bauwerk weiterer, noch Abertausende Jahre strahlender Abfall verbracht werden soll!

Die geplanten 152 Castor-Einzel-Atommülltransporte durch Düsseldorf und das westliche Ruhrgebiet stellen unkalkulierbare Risiken dar, was mehrere Expert*innen-Gutachten belegen. Die JEN will, so unbegreiflich das ist, die Transporte dennoch durchziehen. Kurzfristig sollte der Kreisverkehr einer Landstraße in Richtung des Zwischenlagers Ahaus umgebaut werden, um eine „effiziente und damit zügige Durchführung“ der Castortransporte zu gewährleisten. NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer hat sich in der Vergangenheit zwar immer wieder gegen die Atommüll-Verlagerung positioniert, weshalb seine bisherige Taktik in dieser Angelegenheit sehr enttäuschend für die Atomkraftgegner*innen wie Hartmut Liebermann von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus” ist. Für Krischers politische Glaubwürdigkeit sei das „ein politischer Super-GAU“, so Liebermann. Vor Beginn der Bauaktion am Kreisverkehr stellten Umweltschützer*innen den Minister zur Rede und konfrontierten ihn mit dem, was eigentlich hinreichend bekannt ist: Für die Castor-Transporte fehlt immer noch die Genehmigung vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Krischer, hiervon nun in Kenntnis gesetzt, zog die Reißleine und sorgte für den Stop der Bauarbeiten. Die Protestierenden blieben jedoch skeptisch und kontrollierten mit einer Mahnwache, ob die Baumaßnahmen tatsächlich untersagt wurden. Es gebe keine koordinierte Anti-Atom-Politik der Grünen, weder im Land noch im Bund, kritisiert Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Dabei könnten die Grünen die gefährlichen Atomtransporte in Bund und Land verhindern, wie oben beschrieben. Sie könnten sich damit als Anti-Atom-Partei ein Denkmal setzen, denn es ist fraglich, ob sie in einer zukünftigen Regierung nochmals in diese Position kommen.

Christine