TERZ 02.25 – RECHTER RAND
Spätestens seit 2020 dreht er seine Runden, um (neo)nazistische, rassistische, antisemitische sowie gegen Linke und Antifaschist*innen gerichtete Sticker in Düsseldorf zu verbreiten – in Derendorf, aber auch in anderen Stadtteilen, zum Beispiel in Flingern, wo er lange Jahre wohnte. Auch diverse Bedrohungen gehen auf das Konto des Frührentners. Die Rede ist von einem aktuell auf der Rather Straße in Derendorf lebenden 61jährigen Mann mit viel Tagesfreizeit, der der neonazistischen Minipartei „Der III. Weg“ nahesteht, wenn nicht sogar deren Mitglied ist. Nennen wir ihn „NSman“.
Die Stickerpalette von NSman, der in den 80er- und 90er Jahren in der F95-Hoolszene unterwegs war, ist breit: Inhaltlich reicht sie von Forderungen nach „Remigration“, „die Viecher“ rauszuwerfen und Deutschland „white again“ zu machen; über anti-antifaschistische Gewalt- und Vernichtungsfantasien, „Ku Klux Klan“- und „Der III. Weg“-Werbung sowie positiven Bezügen auf SS („Black Lives Matter“) und Wehrmacht; bis hin zu Aufrufen, sich „kampfbereit“ zu zeigen, nicht „vollgendern“ zu lassen, vom „Schuldkult“ zu befreien und Bill Gates „keine Chance“ zu geben. Wobei diese Aufzählung fast beliebig erweitert werden könnte.
8. August 2020, Olpe, etwa 110 Kilometer von Düsseldorf entfernt: Der „Stützpunkt Sauerland/Siegerland“ des „Der III. Weg“ begeht seinen alljährlichen, in der Öffentlichkeit stattfindenden „Tag der Heimattreue“; und natürlich darf hierbei auch NSman nicht fehlen. Zusammen mit einem Kumpel ist er ins südliche Sauerland gereist, um sich unter seinesgleichen zu tummeln. Dumm nur, dass er zuvor vergessen hat, eine strafrechtlich relevante Tätowierung auf seinem Unterarm abzudecken: „den Spruch ‚Meine Ehre heißt Treue‘, der unter einem Stahlhelm und einem Eisernen Kreuz“ prangte, wie die „Siegener Zeitung“ vom 28. April 2021 in einem längeren Artikel über das Strafverfahren gegen ihn vor dem Amtsgericht Olpe berichtete. Vor Gericht behauptet NSman dann, nicht „rechtsradikal“ zu sein, stellt sich unwissend in Sachen „Der III. Weg“ („Wenn ich gewusst hätte, was das ist, wäre ich nicht hingefahren.“) und kommt mit einer Geldstrafe auf Bewährung davon.
Was dem Amtsgericht Olpe offenbar nicht bekannt war: Schon vor seinem Olpe-Ausflug hatte NSman mehrfach an Aktionen des „Der III. Weg“ teilgenommen. Zum Beispiel am 31. Mai 2020 an einer Flyeraktion des am 16. März 2019 gegründeten „Stützpunktes Rheinland“ des „Der III. Weg“ in der Düsseldorfer Altstadt (Aussage: „Das System ist gefährlicher als Corona!“), sowie am 18. Juli 2020 an einer Wahlkampfkundgebung in Siegen. Und auch nach seinem Olpe-Ausflug, zum Beispiel am 30. August 2020 an einem Fotoshooting mit Flyern („Unsere Kurve bleibt deutsch! Antifa – VERPISS DICH!“) vor der F95-Geschäftsstelle (Toni-Turek-Haus) bzw. dem F95-Leistungszentrum am Flinger Broich, gut erkennbar auf Fotos der Partei an seinen beiden Waden-Tattoos: einem F95- und einem „Böhse Onkelz“-Motiv. Seit dem Urteil des Amtsgerichts Olpe aber scheint er sich von Parteiveranstaltungen fernzuhalten, zumindest von öffentlichen. Wie stark er aktuell in die regionale „Der III. Weg“-Struktur, die ihren Schwerpunkt im Kreis Mettmann hat und auch den Düsseldorfer, Wuppertaler, Solinger, Leverkusener und Kölner Raum zu bespielen versucht, eingebunden ist, ist unbekannt. Es reicht jedenfalls dazu, um offen im „Der III. Weg“-Shirt durch Düsseldorf zu spazieren oder mit dem Mountainbike zu radeln.
Obwohl NSman zuweilen in Begleitung von einigen wenigen, etwa gleichaltrigen Saufkumpanen im und vor dem Bäckereikiosk „Nussecke“ auf der Rather Straße, Ecke Spichernstraße gesichtet wird, scheint er über kein nennenswertes soziales Umfeld im Stadtteil zu verfügen und gilt eher als „Einzelgänger“. Allerdings aus dieser oberflächlichen Einschätzung oder gar aus seinem Alter zu schließen, dass zumindest keine wirkliche Gefahr von ihm ausgeht, könnte ein fataler Fehler sein. Der rüstige Mann, der oft mit seiner deutlich altersschwächeren Labradorhündin unterwegs ist, tritt selbstbewusst, einschüchternd und raumgreifend auf und dürfte über langjährige Straßen- bzw. Stadionerfahrung verfügen. Einzelne Anwohner*innen, die ihn ob seines Treibens ansprachen, berichteten sogar, dass er ihnen gegenüber mit drohender Geste angedeutet hätte, bewaffnet zu sein. Und selbst die Security der Unterkunft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete auf der nahen Metzerstraße, wo NSman hin und wieder zum Stickern und Pöbeln vorbeischaut, scheint in Sorge zu sein und ihn im Blick zu haben, ebenso wie die im Herbst 2024 in Derendorf gegründete Stadtteilinitiative „Nazis raus aus unserem Stadtteil“, die angetreten ist, um über das Problem aufzuklären und dem Treiben entgegenzutreten. Mehrere Tausend Flugblätter wurden Anfang Dezember an die Haushalte im erweiterten Wohngebiet verteilt. Am Verhalten von NSman, der laut Information der Initiative Andreas A. heißt, hat das zwar bis heute nichts Wesentliches geändert; Caroline Nadinic, Sprecherin der Initiative, zeigt sich aber dennoch zuversichtlich: „Es haben sich etwa ein Dutzend Anwohner*innen bei uns gemeldet, Einschätzungen und Informationen geliefert und ihre Mitwirkung angeboten. Daran gilt es anzuknüpfen.“
Kontakt zur Initiative: derendorfgegenrechts[at]protonmail[dot]com