TERZ 02.25 – KLASSENKAMPF
… der Weihnachtsmann fuhr letztes Jahr die Geschenke im Panzer aus!
Am 20.12.24, kurz vor Weihnachten, haben sich die IG Metall, die Betriebsräte und das Management von VW geeinigt und mit einem umfassenden Tarifabschluss den Weg für ein weitreichendes Paket an Sicherheiten für die Beschäftigten und die VW-Standorte geebnet. Der wichtigste Punkt dürfte die neue Jobgarantie bis 2030 sein, nachdem das Management die bisher geltende Beschäftigungssicherung im September 2024 aufgekündigt hatte. Dafür verzichten die Kolleg*innen auf die tabellenwirksame Erhöhung von gut 5 Prozent, die im November 2024 abgeschlossen wurde. Auch das Entgeltsystem soll angepasst werden. Für 2026 & 27 bringen die Beschäftigten die vollständige Mai-Zahlung der Ergebnisbeteiligung als Beitrag ein. Von 2028 bis 2030 steigen die Boni dann nur prozentual an, bis 2030 wieder der volle Satz erreicht ist. Das bisher gezahlte erhöhte Urlaubsentgelt (rund 1290 Euro) entfällt, die Jubiläumsgratifikationen werden angepasst. Diese wollte VW komplett abschaffen. Und so weiter ...
Zuvor haben die Kolleg*innen aber an zwei Warnstreiktagen mit jeweils rund 100.000 Beschäftigten an den Volkswagen-Standorten gegen die Kürzungspläne des VW-Vorstands protestiert.
Zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze haben die Mitarbeiter*innen tariflichen Zugeständnissen jenseits der monatlichen Einkommen zugestimmt, schauen wir mal, wie es weitergeht, und ob das Management nicht doch noch irgendwelche Forderungen nachträglich in der Hinterhand hat.
Auch das Management blutet, künftig wird der Tarif Plus-Bonus rund 35 Prozent des Jahresbonus der untersten Entgeltgruppe im Management betragen – bislang waren es circa 50 Prozent.
Der Lohnverzicht zur Standortsicherung zieht sich also durch alle Bereiche bei VW. Als Information für nicht-IG-Metaller*innen, VW hat einen eigenen Tarifvertrag, der losgelöst ist von den anderen IGM-Tarifverträgen. Aufgrunddessen haben sich viele Beschäftigte bei VW auch jahrelang als Beamte gefühlt, sicherer Job, gutes Geld[1]. Die komplette Auflistung der Vereinbarungen findet ihr bei der IGM Niedersachsen [2].
So schön das Weihnachtswunder für VW ist, die Kolleg*innen von Ford warten noch und harren der Dinge, die da kommen. Bis jetzt habe ich in der Presse zu den weiteren Plänen bei Ford nichts vernommen oder aus anderer Quelle Informationen erhalten.
Für die Kolleg*innen im Düsseldorfer Mercedes-Werk ist laut Flugblatt der Automobilarbeiter & friends Düsseldorf, der Horrorkatalog der Werkleitung erst einmal zurückgenommen worden. Aber vom Tisch ist er nicht, und die Kolleg*innen warten auch hier auf die nächsten Angriffe der Düsseldorfer Werkleitung. Außerdem dürfen sie erstmal im Januar, Februar und März zusätzliche Schichten abreißen. Die A-Schicht und die B-Schicht jeweils eine Frühschicht pro Monat, das sind bis Ende März zusammen sechs zusätzliche Einbringschichten. Nachholschichten für ausgefallene Arbeitstage / Schichtabsagen letztes Jahr im April. Schön, wenn mensch fast ein Jahr später den Ausgleich bringen darf und das unternehmerische Risiko so einfach abgewälzt werden kann!
Dafür ist der nächste Job-Hammer bei Bosch angekündigt. Stefan Hartung, Chef der Robert-Bosch-GmbH, kündigt an, dass bis Ende 2032 nun 12.000 Jobs auf der Kippe stehen, davon alleine 7.000 in Deutschland [3]. Die auf Fahrzeugsoftware spezialisierte Bosch-Tochter Etas ist auch angeschlagen. Von 3.000 Arbeitsplätzen weltweit ist jeder achte gefährdet, in Deutschland sind ca. 400 [4].
Dafür boomt es aber in der Rüstungsindustrie. Der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS will in Görlitz den französischen Alstom-Konzern übernehmen, und dort sollen dann statt Straßenbahnen Teile für den Leopard II gebaut werden.
„Vor ein paar Wochen wurde ein 950-Millionen-Euro-Vertrag über die Lieferung von 44 Leopard 2 an das litauische Heer unterschrieben. Gemeinsam mit Rheinmetall digitalisiert KNDS 10.000 Fahrzeuge der Bundeswehr für knapp zwei Milliarden Euro. Und der Haushaltsausschuss des Bundestages billigte wenige Tage vor Weihnachten 38 Rüstungsprojekte, über 21 Milliarden Euro – ein Rekordvolumen. KNDS gehört zu den Auftragnehmern. [5]“
Zusätzlich verkauft der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall mindestens ein Luftabwehrsystem vom Typ Skynex an Italien. Dieser Verkauf könnte für die Waffenschmiede ein Sprungbrett sein, um bei weiteren Nato-Staaten einen Fuß in die Tür zu kriegen. Schon alleine der Vertrag in Italien beinhaltet die Option auf drei weitere Systeme - insgesamt könnte Rheinmetall knapp 280 Millionen Euro bekommen [6].
Da macht die Werbung der Bundeswehr für Arbeitsplätze mit Zukunftsperspektive in Deutschland, zusätzlich zu der Werbung von Rheinmetall, natürlich doppelt Sinn. Die Rüstungsindustrie in Deutschland boomt gerade. Die Bücher der Thyssen-Krupp-Tochter TKMS (Thyssen-Krupp Marine Systems) sind auch voll. Der Chef der Marinetochter denkt mittlerweile über einen Spin-off nach. So krank wie die Stahlmutter Thyssen-Krupp ist, so gut geht es der Rüstungstochter. Selbst über eine Staatsbeteiligung wird nachgedacht [7]. Insgesamt sollen wohl 1500 neue Jobs in Wismar entstehen [8].
Wie im Ersten und Zweiten Weltkrieg und in der Zeit danach, machen sich die Kriegsgewinnler*innen und Rüstungskonzerne die Taschen voll und sind auf der Gewinnerseite. Die Allianz der Hersteller*innen und Kund*innen der Rüstungsindustrie geht durch ganz Europa, wenn nicht sogar durch die ganze Welt.
2025 fängt so beschissen an wie 2024 aufgehört hat!
Bis nächsten Monat, liebe Kolleginnen und Kollegen, mal schauen, was wir dann so in der Pipeline haben, Grüße, euer
Henry Ford
PS
Natürlich gibt es ein PS, ich wollte den Artikel gerade abschicken, da poppt der nächste Hammer im Mailpostfach via XING auf. Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf verkündet: „Die Industrie wird noch deutlich mehr Arbeitsplätze verlieren“ Die Auftragsauslastung liegt momentan gerade mal bei 75 Prozent, es können so die Arbeitsplätze nicht gehalten werden. Seit 10 Monaten haben wir einen realen Stellenabbau, und wir werden in den nächsten 5 Jahren noch mehr Arbeitsplätze verlieren.
Damit das Erstarken der Rechtspopulisten eingedämmt wird, wünscht er sich eine Koalition aus CDU und der FDP. Außerdem einen Abbau der Bürokratie, um die Konjunktur in Schwung zu bringen [9].
Schuld sind natürlich alle anderen, nur nicht die Industrie!
[1] Zeit 04.11.24
[2] IGM 20.12.24
[3] Industrie Of Things 20.01.25
[4] EFahrer.com 16.12.24
[5] Tagesspiegel 08.01.25
[6] ntv 15.01.25
[7] Handelsblatt 15.01.25
[8] Manager Magazin 13.12.24
[9] welt.de 22.01.25