TERZ 05.25 – AM PRANGER
Informationsfreiheitsgesetz: Kann weg? „Wir wollen den Bundestag zu einem modernen Gesetzgebungsorgan weiterentwickeln. Der Bundestag muss die Regierung und die Verwaltung effektiv kontrollieren können. Das Informationsfreiheitsgesetz in der bisherigen Form wollen wir hingegen abschaffen.“Auch die Abschaffung des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) war Bestandteil der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD. Die Initiative hierzu ging von der Union aus. Das IFG, am 01.01.2006 in Kraft getreten, ist ein echtes Parlamentsgesetz, es basiert nicht auf einem Regierungsentwurf, sondern wurde von Bundestagsabgeordneten erarbeitet.
Unter Federführung von Philipp Amthor (CDU) schwebte der Union nun vor, das IFG zumindest zu entschärfen. Amthors Arbeitsgruppe „Bürokratierückbau, Staatsmodernisierung, Moderne Justiz“, legte entsprechende Pläne vor. Der 32-jährige Amthor, innerhalb der CDU dem konservativen Flügel zuzurechnen, positionierte sich bereits gegen Gender-Mainstreaming, Schwangerschaftsabbruch und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Und er hat mit dem IFG noch ein Hühnchen zu rupfen. Sein umstrittener Nebenjob bei Augustus Intelligence[1]kam unter anderem durch IFG-Anfragen an die Öffentlichkeit, so wie viele weitere bedeutende Themen: Zugang zu Informationen des Bundeskanzleramts über die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) und zu den „Afghanistan-Papieren”, Einsichtnahme in Protokolle der Bund-Länder-Konferenzen zur Corona-Pandemie, Zugang zum „Glyphosat-Gutachten“ des Bundesinstituts für Risikobewertung sowie zu Reisekostenabrechnungen von Bundestagsabgeordneten, um einige Beispiele zu nennen.
Das Bündnis gegen Abschiebegefängnis in Düsseldorf/Mönchengladbach und überall hat sich durch das IFG Zugang zu fast 2000 Seiten Unterlagen erklagt, die die konfuse, widersprüchliche und menschenverachtende Planung eines Abschiebeknastes in Düsseldorf deutlich machen. Eine Zusammenfassung der Akten haben wir in der TERZ 06.24 veröffentlicht.
Das IFG dient der Herstellung von Transparenz, die das Parlament oder Verwaltungen nicht bewerkstelligen können oder wollen. Befürchtungen, das IFG werde die Verwaltung „lahmlegen“, haben sich nachweislich nicht bewahrheitet.
Alleine über die Anfrageplattform FragDenStaat sind seit 2006 fast 300.000 Anfragen an Behörden gestellt worden. Aus dem journalistischen und aktivistischen Alltag ist das IFG kaum wegzudenken. Sein USA-Pendant, den Freedom of Information Act, haben selbst Trump und Musk bisher unangetastet gelassen.
Inzwischen haben über 400.000 Menschen eine Petition von FragDenStaat zum Erhalt des IFG unterzeichnet, fast 50 Nichtregierungsorganisationen setzten sich in einem offenen Brief an die SPD hierfür ein. Hunderte Medienberichte zu den Plänen der Union sendeten ein klares Signal: Wir brauchen Informationsfreiheit! Im Entwurf zum Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD, am 09.04. veröffentlicht, ist keine Rede mehr davon, das IFG abzuschaffen: Es soll nun reformiert werden, „mit einem Mehrwert für Bürger*innen und Verwaltung”, heißt es. Die Bundesregierung müsse jetzt das Transparenzgesetz angehen, fordert FragDenStaat. Damit müssten Behörden gewisse Dokumente automatisch – und nicht nur auf Anfrage oder gar Klage – veröffentlichen. Das bedeutet: Mehr Zugänglichkeit und weniger Aufwand für alle.
Zu verhindern ist, dass das künftig CSU-geführte Bundesinnenministerium doch noch durch die Hintertür versucht, das Recht auf Informationsfreiheit zu beschneiden. Philipp Amthor wird sicherlich im Team von Friedrich Merz eine Rolle spielen. Wenn er auch anmutet wie Muttis Liebling, könnte er sich zum scharfen Hund mausern, den Kanzler Merz gut gebrauchen kann.
[1] Infos hierzu: https://abgeordnetenwatch.de/recherchen/lobbyismus/wie-philipp-amthor-zum-tueroeffner-fuer-augustus-intelligence-wurde 06.05.2021 „Wie Philipp Amthor zum Türöffner für Augustus Intelligence wurde“