Ford hat ein Auto gebaut, das ist ein wenig laut.
Es ist nicht wasserdicht und ab und zu da fährt es nicht.

Von Mittwochmorgen, dem 14.05.25, bis Donnerstagmorgen, dem 15.05.25, fuhr bei Ford in Köln auch kein Auto vom Band. Das erste Mal in knapp 100 Jahren Werkgeschichte, abgesehen von dem „wilden Streik“ 1973, der damals hauptsächlich von Kolleg*innen mit Migrationshintergrund getragen und von der IGM abgelehnt wurde, standen in Köln für 24 Stunden die Bänder still.

Gefühlt haben ca. alle 11.500 Kolleginnen und Kollegen die Arbeit niedergelegt. Anlass waren die Ankündigungen des amerikanischen Mutterkonzerns, das Kölner Ford-Werk nicht mehr finanziell zu unterstützen, die Ankündigung des Managements, bis Ende 2027 2.900 Arbeitsplätze zu streichen, obwohl es eine Betriebsvereinbarung gibt, die bis 2032 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Es wäre somit jeder vierte Arbeitsplatz betroffen. Im Vorfeld waren die Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag, Schutz vor einer etwaigen Insolvenz und weitere soziale Absicherungen eingestellt worden. Kurzerhand hat die IGM zur Urabstimmung aufgerufen und die organisierten Kolleginnen und Kollegen in Köln abstimmen lassen, ob die Belegschaft streiken will. Und die organisierten Kolleg*innen wollten! In der Urabstimmung haben sich 93,5 Prozent der IG-Metall-Mitglieder, bei einer Wahlbeteiligung von 95,7 Prozent, für Streikmaßnahmen entschieden. Anzumerken ist, dass seit dem Herbst letzten Jahres die Anzahl der IGM-Mitglieder um 10 Prozent bei Ford in Köln angestiegen ist. Der schon vorher hohe Organisationsgrad ist nicht mehr weit weg von der 100-Prozent-Marke. Als Mittwochmorgen die Nachrichten über den Streik bei Ford in Köln durch die Radiokanäle und das Internet rauschte, schrieb ich natürlich sofort ehemalige Kolleg*innen an. Eine Antwort war bezeichnend: „Ja, ich streike auch. Ich glaube, das ganze Werk steht still. Ich werde bald 62. Von daher sehe ich das eh relativ entspannt. Aber für die jüngeren Kollegen muss man mit kämpfen. Grüße an alle, die mich kennen, und mit denen du noch Kontakt hast.“ Selbst die Kolleg*innen aus dem John-Andrews-Entwicklungszentrum sind mit dabei und auf die Straße gegangen. Es sind alle Arbeitsplätze betroffen, der gesamte Kölner Standort ist gefährdet, mit allen Teilbereichen. Auch die IGM-Vertrauensleute aus dem Mercedes-Werk hier bei uns in Düsseldorf sind am Mittwoch nach der Frühschicht kurzerhand nach Köln gefahren, um ihre Solidarität zu bekunden!

Komischerweise kamen über die klassischen konservativen Kanäle wie XING oder Der Abend: Stimme des Westens (Newsletter der RP) keine Informationen bezüglich des Streiks aus Köln. Über Streiks wird halt nicht gerne in Wirtschaftskreisen berichtet, und das Management hat auch nicht damit gerechnet, dass die Kölner Kolleg*innen so stabil zusammenstehen. Es geht aber in Köln auch ums Ganze, viele der Beschäftigten sind 25 Jahre oder länger im Unternehmen, haben oft dort auch ihre Lehre absolviert. Der soziale Abstieg wäre bei einem Arbeitsplatzverlust im Falle einer Werkschließung vorprogrammiert. Viele der in Köln Beschäftigten wollen auch keine Abfindung, sondern ihren Arbeitsplatz behalten. Denn eine Abfindung ist leider endlich und ein sicherer Arbeitsplatz auf Dauer natürlich mehr wert. Doch wie die Arbeitsplätze abgesichert werden sollen, ist fraglich, werden in Köln ja momentan nur noch 500 statt 2.000 Autos am Tag gebaut. Der Marktanteil von Ford lag 2022 noch bei 5 Prozent und ist mittlerweile auf 3,5 Prozent gesunken. Von 131.256 auf 99.554 ist Zahl der Neuzulassungen von Ford-PKWs in Deutschland gesunken. Seit dem Wegfall der Fiesta-Produktion im Jahr 2023 geht es abwärts in Köln. Die Fertigung der hochpreisigen Elektromodelle Explorer und Capri ist nicht so erfolgreich angelaufen wie geplant, der Umstieg in die Elektromobilität ist auch in Köln verpennt wordenI.

Da passt die Nachricht vom Handelsblatt, dass durch den Handelskrieg zwischen China und den USA sowie eine Ausweitung auf Europa bis zu 25.000 Industriearbeitsplätze alleine in Deutschland gefährdet sind, doch wie die Faust aufs AugeII.

Auch Daimler Truck muss wegen der Zollpolitik runterschalten. Die amerikanischen Zölle auf Bauteile treiben auch hier Kosten nach oben. Der erwartete Umsatz soll hier von 54 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 48 bis 51 Milliarden Euro sinken. Da aber die Schwankung bei 5 Prozent liegt, kann das zu erwartende Betriebsergebnis auch schlechter ausfallen. Die Kosten sollen in Europa um mehr als eine Milliarde Euro bis 2030 sinken. Betriebsrat und Management haben die Eckpunkte schon ausgehandelt, die 28.000 Beschäftigten müssen dann etliche Einschnitte hinnehmen, dafür sollen betriebsbedingte Kündigungen bis 2035 ausgeschlossen sein. Es werde aber trotzdem geprüft, Produktionen aus Deutschland an kostengünstigere Standorte im Ausland oder an Dritte zu vergeben, teilte Finanzchefin Eva Scherer gleichzeitig mitIII.

Nur bei Rheinmetall läuft es weiterhin bestens. Wie bei der Jahreshauptversammlung am 13.05. verkündet wurde, ist die Aktie mittlerweile um 1.600 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz um 61 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Schluss muss deswegen noch lange nicht sein: Das weitere Marktpotenzial beziffert Konzernchef Papperger langfristig auf etwa 300 bis 400 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr soll der Rheinmetall-Umsatz mindestens um 25 bis 30 Prozent wachsen. Eher noch stärker. Um das alles zu stemmen, ist Rheinmetall auch bereit, sich von zivilen Geschäftsteilen zu trennen und das Kerngeschäft enger zu halten. Der volle Fokus richte sich nun auf das MilitärgeschäftIV.

Den Abschluss machen wir diesen Monat dann mit Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Der Kieler U-Boot-Bauer ist nach eigenen Angaben bis in die 2040er Jahre ausgelastet. Der letzte Auftrag kam Anfang Mai aus Singapur für 2 U-Boote, dadurch ist der Auftragsbestand von 16 auf etwa 18 Milliarden Euro gestiegen. Ein Auftrag der deutschen Marine mit vier U-Booten ist alleine 4,7 Milliarden Euro schwer. Im vergangenen Halbjahr überstiegen die Umsätze erstmals die Marke von einer Milliarde Euro. Außerdem stehen weitere Aufträge aus Norwegen und Kanada in Aussicht. Momentan beschäftigt TKMS weltweit in drei Werften, Kiel, Wismar, Itajaí (Brasilien) und weiteren Standorten 8.000 Mitarbeiter*innenV. Mal schauen, wann dort die ersten Stellenausschreibungen publik werden, die Kriegsmaschinerie muss ja laufen!

mit kollegialen Grüßen, euer Henry Ford

[1]  taz Printausgabe 14.05.25, zdf-heute 14.05.25, Rote Fahne News 10.05.25, electrive.net 14.05.24, Kölner Stadt-Anzeiger 16.05.25
https://zdf.de/nachrichten/wirtschaft/unternehmen/ford-autobauer-streik-koeln-100.html
https://rf-news.de/2025/kw19/bedeutsames-votum-fuer-streik-ford-koeln
https://electrive.net/2025/05/14/historisches-novum-belegschaft-des-koelner-ford-werks-streikt/
https://ksta.de/wirtschaft/ford-in-koeln-davon-ist-nichts-mehr-da-alles-ist-kaputt-streik-1-1023833
[2]  Handelsblatt 09.05.25 https://handelsblatt.com/politik/international/studie-bis-zu-25000-industrie-jobs-in-deutschland-durch-handelskrieg-gefaehrdet/100127242.html
[3]  n-tv.de 14.05.25 https://n-tv.de/wirtschaft/Daimler-Truck-muss-wegen-Trump-runterschalten-article25768141.html
[4]  capital.de 13.05.25 https://capital.de/geld-versicherungen/rheinmetall--wachstum-um-jeden-preis---aber-noch-ohne-aktiensplit-35718566.html
[5]  handelsblatt.com 16.05.25 https://handelsblatt.com/unternehmen/industrie/marine-u-bootbauer-tkms-ist-bis-in-die-2040er-jahre-ausgelastet/100128825.html