Wahl geht an der HHU?

Wir befinden uns im Juli 2025. Der Schatten der Bundestagswahl verschwimmt unter der aufkommenden Sommersonne, bis zur Kommunalwahl rollen noch drei Hitzewellen über die Stadt, der Wahlkampf in Düsseldorf ist vorerst zum Erliegen gekommen. In ganz Düsseldorf? Nein, auf dem Campus der Heinrich-Heine-Universität kämpfen Hochschulgruppen bis Juli um den Einzug in diverse Gremien. Doch wer tritt an, wofür, und warum?

Was wird eigentlich gewählt?

Die Bedeutung der Gremien ist wenig bekannt, auch unter Studierenden. Die Senatswahl lief bereits vom 16. bis zum 26.  Juni, online und per Brief. Als einzige direkte Schnittstelle zwischen Rektorat und Studierenden kommt dem Senat eine besondere Bedeutung zu. Die Verteilung zwischen den Gruppen ist jedoch keinesfalls gleichberechtigt. Während Professor*innen 15 Sitze erhalten, bekommen die Vertretungen von Beschäftigten ebenso wie die der Studierenden jeweils 5. Die Amtszeit der Studierenden dauert anders als die der Beschäftigten und Profesor*innen nur ein Jahr statt zwei Jahre.

Das Studierendenparlament (SP) hingegen ist ein rein studentisches Organ mit 17 Sitzen. Vom 7. bis zum 11.  Juli können Studierende ihre Stimme abgeben, vor Ort sowie online. Hier werden nicht nur hochschulpolitische Themen wie etwa Forderungen an die Lehre verhandelt, es geht auch um Geld. Unter den Verfügungsbereich fallen unter anderem Förderanträge von Studierenden, die Finanzierung von Beratungsstellen wie dem BaföG-Café und von autonomen Referaten (wie das für BIPoCs).

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) wird vom SP, meistens über eine Koalition gewählt. Dieser vertritt die Interessen der gesamten Studierendenschaft, nach innen und nach außen. Zudem ist der AStA für das Semesterticket, den Hochschulsport, die Beratung und Unterstützung bei finanziellen und sonstigen Problemen sowie die Organisation von Events wie das Sommerkult und die Beachparty verantwortlich. 15 Euro jedes Semesterbeitrages gehen an den AStA, grob etwa 60.000 Euro.

Wem geht es eigentlich worum?

Für das SP treten dieses Jahr folgende Gruppen an: Der SDS steht der Linken nahe, der RCDS der CDU, die LHG der FDP, die Jusos der SPD, campusgrün den Grünen. Die Fachschaftsliste setzt sich neben Belangen der Studierendenschaft vor allem für mehr Unterstützung der Fachschaften ein. DIE LISTE lehnt sich an Sonneborns Die PARTEI an. Für den Senat kandidierten ähnliche Gruppen. Durch die geringere Sitzanzahl kommt es hier zu Zusammenschlüssen wie Rot-Grüne Liste und RCDS & LHG in diesem Jahr. Ebenso traten der SDS und die Fachvertretung an.

Die Themen reichen von kostenlosen Hygieneprodukten bis zu digitaler Lehre, von Nachhaltigkeit bis zur Finanzierung von Referaten, BaFög für alle bleibt ein Dauerbrenner. Auch außeruniversitäre Geschehnisse werden zum Thema. Bald könnten die Zivilklausel und Fragen zur Verstrickung zwischen Universitäten und Militär wieder in den Fokus rücken. Ebenso könnte die Finanzierung der Universität eine größere Rolle spielen. Die Landesregierung NRW hatte Anfang des Jahres überlegt, die Grundfinanzierung der Hochschulen signifikant zu kürzen, will aber den Beschluss des Bundeshaushalts im Sommer abwarten.

Ein kontroverses Thema bleibt Palästina. Letztes Jahr wandten sich der SDS und students for palestine in einem offenen Brief an das Rektorat. Unterstützt von Fachschaften, campus-grün und dem AStA warfen sie dem Rektorat vor, Veranstaltungen und damit den öffentlichen Austausch zu unterbinden. Grund dafür waren laut dem Rektorat gestiegene Sicherheitsbedenken bei diesem Thema. Ein klärendes Gespräch mit dem Rektorat kam nicht zustande. Seither finden Stimmen dazu eher am Rande statt, wie beim Protest gegen die Bundeswehr auf der Karrieremesse im Mai. Das könnte sich ändern, wenn der SDS nach einem Jahr Pause wieder ins SP einzieht.

Rechte Hochschulgruppen (HSG) treten derzeit nicht an. Das war mal anders. 2015 gründete David Eckert, damals Beisitzer des AfD-Landesverbands NRW, die AfD-HSG und erlangte 2016 unter medialer Aufmerksamkeit einen Sitz. Ein Novum für SPs in NRW. Die Verbindungen der HSG reichten über John David Haase, Mitbegründer der Identitären Bewegung Deutschland e. V. bis zu Yannick Noe von der „Alten Halleschen Burschenschaft Rhenania-Salingia zu Düsseldorf“. Die AfD-HSG oder die Campus Alternative Düsseldorf, wie sie später hieß, sind heute verschwunden. Rechte Strukturen an der HHU existieren über die Rhenania Salingia weiterhin (AStA in der TERZ 07/08.2022).

Wo liegt die Wahlbeteiligung?

Die Gremien leiden wie die an anderen Universitäten unter einem Problem: der geringen Wahlbeteiligung. 6,32 Prozent, 5,64 Prozent, 3,53 Prozent von ca. 30.000 Studierenden. Die Ursachen sind vielfältig. Geringes Interesse, mangelnde Öffentlichkeitsarbeit. Wer durch Angebote wie das BaföG-Café betroffen ist, wählt eher. Das SP und andere Gremien arbeiten jedoch selbst im Wahlkampf unter dem Radar. Plakate sind rar, weil teuer, Stände aufwendig. Zwar berichtet das ­Hochschulradio über Wahlen und die SP-Sitzungen, die Reichweite der HSGs wie über Instakanäle bleibt aber gering. Die Arbeit der Gremien betrifft die gesamte Studierendenschaft. Eigentlich muss eine Steigerung der Wahlbeteiligung her, dazu existieren unterschiedliche Ansätze. In Düsseldorf gibt es den SP-Check (eine Art Wahlomat) sowie Möglichkeiten zur Online-Wahl, andere Universitäten feiern mit Gewinnspielen Erfolge.

Bleibt zu hoffen, dass dieses Jahr mehr Stimmen den Weg in die Wahlurnen finden. Leider werden die Verteilungen erst nach Druckschluss veröffentlicht.

TEXT: Lennart
GRAFIK (siehe Druckausgabe): Sven