TERZ 10.25 – WAHLEN NACH ZAHLEN
Am 14. und am 28. September 2025 hat Düsseldorf gewählt. Jetzt sind die Zahlen bekannt und die Parteien sortiert, doch die Bruchlinien bleiben interessant. Schwarz-Grün behält im Rat rechnerisch die Mehrheit, die SPD verliert weiter und die Linke legt leicht zu. Die AfD verdreifacht ihre Sitze, bleibt jedoch unter ihrem Wert von der Bundestagswahl im Februar.
Die CDU stellt mit 31 Sitzen weiterhin die stärkste Fraktion, die Grünen kommen auf 20, die SPD auf 14, die AfD auf 10, Die Linke auf 6, die FDP auf 5 und Volt auf 2 Sitze. BSW, Die PARTEI und die Tierschutzpartei ziehen mit je einem Sitz in den Rat ein. Stephan Keller (CDU) bleibt Oberbürgermeister von Düsseldorf. Mit 53 % am 14. September ist die Wahlbeteiligung leicht angestiegen, von Begeisterung fehlt jedoch jede Spur.
Düsseldorf zeigt sich gespalten. Während die Wahlbeteiligung in Himmelgeist bei fast 75 % lag, waren es im Hafen unter 15 %. Während CDU und FDP ihre Hochburgen in den Villenvierteln am Rhein verteidigen, kann Die Linke vor allem in Vierteln wie Oberbilk, Flingern und Bilk punkten, wo soziale Fragen im Alltag besonders drängend sind. Die SPD-Hochburgen wie Eller und Lierenfeld bröckeln.
Garath sticht heraus: Über 30 % der Stimmen gingen an die AfD. Der Süden ist damit politisch weit von der grünen Innenstadt entfernt. Aber: Im Vergleich zur Bundestagswahl im Februar verliert die AfD an Stimmen. Am Tag nach der Wahl machte die Düsseldorfer AfD deutlich, wohin sie will, als sie den rechtsextremen Verleger und Vordenker der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, ins Bürgerhaus Bilk einlud. Doch Düsseldorf stellte sich quer (siehe Bild): Rund 500 Antifaschist*innen beteiligten sich an einer Demonstration vom Fürstenplatz zum Veranstaltungsort, die u. a. von „Düsseldorf stellt sich quer“, dem „Offenen Antifa-Treffen“ und „Jugend gegen Rechtsruck“ organisiert wurde. Mit Transparenten, Musik und Blockaden machten die Protestierenden klar, dass rechtsextreme Ideolog*innen in dieser Stadt nicht unwidersprochen auftreten können. Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot versuchte die AfD, ihre Gäste ins Bürgerhaus zu schleusen, draußen war jedoch unübersehbar, dass die Mehrheit auf der Straße stand.
Seit 2020 diskutiert, 2024 beschlossen: Ein Neubau am Wehrhahn soll entstehen. Während Schwarz-Grün von einer Kulturmetropole spricht, sehen Kritiker*innen darin eine Geldverschwendung. Die Linke forderte einen Bürger*innenentscheid, die SPD Transparenz – vergeblich. Bürger*innen sollen zahlen, dürfen aber nicht entscheiden. Die Ratsprotokolle sind voller Vertagungen, doch bei der Oper scheint der Turbo angeworfen zu sein.
Der Etat für 2025 umfasst 4,2 Milliarden Euro. Im Dezember 2024 tobte die Debatte: SPD und Die Linke warfen Schwarz-Grün vor, soziale Schwerpunkte zu vernachlässigen. Während Prestigeprojekte durchgewunken wurden, fehlten Mittel für Stadtteilarbeit, Teilhabe und Mieterschutz. „Solide Finanzen“, sagt Keller. SPD und Die Linke sprechen hingegen von einer „sozialen Schieflage“.
Offiziell liegt die Leerstandsquote bei 1,6 %. Das bedeutet: Über 14.000 Wohnungen stehen leer, dazu kommen rund 7.000 zweckentfremdete Wohnungen – Airbnb statt Alltag, Spekulation statt Mieter*innen. Die Angebotsmieten sind seit 2021 um 25 % gestiegen. Die Linke fordert einen Mietendeckel. Abgelehnt – wie immer.
Wer sich nicht mit Parteiprogrammen quälen möchte, kann auch die Sterne befragen:
OB Keller präsentiert ein neues Prestigeprojekt.
Erste Ratssitzung wird von der Opernfrage dominiert.
CDU spricht von „soliden Finanzen“ – trotz Rekordausgaben.
Grüne feiern einen neuen Radweg – 200 Meter lang.
FDP lobt Düsseldorf als „Top-Standort“.
SPD fordert Mietwohnungen – Koalition lehnt ab.
Die Linke beantragt Mietendeckel – Koalition lehnt ab.
FDP warnt vor „Investorenvertreibung“.
Volt fordert Digitalisierung – beantragt auf Papier.
OB Keller spricht von „Dialog auf Augenhöhe“.
AfD verlässt den Saal aus Protest.
SPD spricht von „sozialer Schieflage“.
Opernhaus-Kosten steigen um weitere 100 Mio.
CDU und Grüne einigen sich im Hinterzimmer.
Grüne erklären, Düsseldorf sei „auf dem richtigen Weg“.
Die Linke verweist auf Leerstandszahlen.
AfD beantragt ein Thema, das nichts mit Düsseldorf zu tun hat.
Protest vor dem Rathaus begleitet die Sitzung.
SPD kündigt „Neustart“ an.
Die Linke kritisiert Zweckentfremdung durch Airbnb.
Die CDU betont „Verlässlichkeit.“
FDP fordert mehr Autos in der Innenstadt.
Ein Beschluss wird vertagt.
OB verspricht Transparenz, Akten bleiben gesperrt.
BSW klingt links, stimmt aber rechts.
Stichwahl am 28.09.2025
Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) konnte sich bei einer Wahlbeteiligung von 28 % in der Bürgermeister*innen-Stichwahl gegen Clara Gerlach (Grüne) mit rund 60 zu 40 % durchsetzen. Damit bleibt Düsseldorf für weitere fünf Jahre CDU geführt. Keller kann seine Linie fortführen: Opernhaus, „solide Finanzen“, Prestigeprojekte (Siehe Bingo).Soziale Fragen werden dabei weiter unter die Räder kommen.
Düsseldorf im Jahr 2025 ist eine Stadt im Spagat: Einerseits gibt es die „glänzenden“ Bilder vom Rheinufer, die Spatenstiche und Grundsteinlegungen für Prestigeprojekte wie das Opernhaus. Auf der anderen Seite steht die alltägliche Realität von Wohnungsknappheit, steigenden Mieten, Verdrängung und Stadtteilen, in denen die AfD zweistellig punktet.
Noch ist offen, welche Mehrheiten sich im neuen Rat bilden werden. Klar ist jedoch, Oper, Haushalt und Wohnungsmarkt bleiben die großen Streitfelder. Ob soziale Fragen in den kommenden Jahren mehr Gewicht bekommen, hängt nicht nur von den Fraktionen im Rathaus ab, sondern auch davon, wie stark der Druck von außen ist.
Denn die eigentliche Opposition sitzt nicht im Rat, sondern steht auf der Straße. Protest hat bereits am Tag nach der Wahl gezeigt, dass rechte Provokationen nicht unwidersprochen bleiben. Aber auch die Oper, der Leerstand und die Haushaltskürzungen werden weiter auf Widerstand stoßen, ob im Stadtteil, auf der Straße oder in Bündnissen, die mehr wollen als eine neue Kostenexplosion.
Die nächsten fünf Jahre werden zeigen, ob Düsseldorf wirklich in Prestigeprojekten erstarrt oder ob der Druck von unten ausreicht, um die Stadt sozialer und gerechter zu machen. Die Entscheidung zwischen Prestige und Protest wird darüber bestimmen, wie Düsseldorf sich entwickeln wird: als Hauptstadt der Kostenexplosion oder als Stadt, die sich nicht abspeisen lässt.
Valentine