Zwischen Archiv und Asphalt

Wie Düsseldorf um feministische Sichtbarkeit ringt

Düsseldorfs Museen entdecken gerade, was jahrzehntelang übersehen wurde: die künstlerischen, politischen und gesellschaftlichen Beiträge von Frauen und queeren Menschen. Im Stadtbild fehlt diese Sichtbarmachung von Frauen immer noch weitestgehend.

In mehreren Museen und in einer Gedenkstätte Düsseldorfs werden verdrängte Perspektiven endlich sichtbar: Werke von Künstlerinnen, die aus den Archiven geholt werden, Ausstellungen über queeres Leben und Verfolgung, Fotografien weiblicher Selbstermächtigung.

Auch im Stadtraum gibt es erste Fortschritte: Einige Straßen wurden nach Frauen (um)benannt, zwei Orte sind inzwischen Teil des landesweiten Projekts FrauenOrte NRW. Doch diese Schritte bleiben symbolisch, sie markieren Ausnahmen, keine Struktur.

Während die Stadt sich in ihren Kulturinstitutionen modern und gleichberechtigt gibt, bleibt sie im öffentlichen Raum erstaunlich rückständig. Straßennamen, Denkmäler und offizielle Erinnerungsorte erzählen weiterhin überwiegend männliche Geschichte. Düsseldorf korrigiert seine Vergangenheit lieber an den Wänden seiner Museen als auf den Schildern seiner Straßen.

Zwischen Galerien und Gehwegen zeigt sich, wie brüchig der feministische Fortschritt der Stadt wirklich ist: Sichtbarkeit, wo sie ins Bild passt – Schweigen, wo sie Machtverhältnisse verschieben könnte.

Sichtbarmachung in Museen

Im Kunstpalast hängen derzeit Bilder, die jahrzehntelang niemand sehen wollte. Die Ausstellung „Künstlerinnen! Von Monjé bis Münter“ (25.09.25–01.02.26) zeigt Werke von Künstlerinnen, die lange in Depots verschwanden, nicht, weil sie schlecht waren, sondern weil sie von Frauen sind. Wenige Straßen weiter, in der Kunstsammlung NRW, widmet sich die Ausstellung „Queere Moderne. 1900 bis 1950“ (27.09.25–15.02.26) den Perspektiven queerer Künstler*innen, deren Biografien aus den großen Erzählungen der Moderne gelöscht wurden.

Noch präziser geht die Mahn- und Gedenkstätte vor: Dort zeigt die Ausstellung „gefährdet leben. Queere Menschen 1933–1945“ (31.10.25–30.06.26) die systematische Verfolgung und Vernichtung queerer Biografien.

Perspektivwechsel im Stadtmuseum

Auch im Stadtmuseum Düsseldorf geht es um Sichtbarmachung der Arbeit von Künstlerinnen, und zwar aus dem Bereich der Fotografie: die Sonderausstellung „Perspektivwechsel. Fotografinnen in Düsseldorf“ eröffnete am 14. September 2025 und läuft noch bis zum 4. Januar 2026. Gezeigt werden 240 Arbeiten von 120 – bekannten und weniger bekannten – Fotografinnen mit Bezug zu Düsseldorf, darunter sowohl Arbeiten aus dem Sammlungsbestand als auch zahlreiche Leihgaben. Einige dieser Arbeiten wurden noch nie oder nur selten ausgestellt. Die Ausstellung bietet erstmals einen Überblick über die große Vielfalt der Kunst von Fotografinnen in Düsseldorf. Auch Filme und Videos zählen dazu; diese verweisen auf die Entwicklung technischer visueller Medien in der Kunst, bei der die Düsseldorfer Kunstakademie eine weltweit verbindende Rolle spielte.

Im Zentrum stehen Fotografien, die ein breites Spektrum weiblicher Sichtweisen zeigen, von historischen Momentaufnahmen über feministische Dokumentationen bis hin zu aktuellen künstlerischen Positionen. Ziel ist, die Arbeiten dieser Fotografinnen ins Rampenlicht zu holen und ihnen den Raum zu geben, den sie verdienen: öffentlich, sichtbar und wirksam.

Besonders hervorzuheben sind die Arbeiten der Düsseldorfer Fotografin Hanne Horn, die über Jahrzehnte hinweg die Frauenbewegung mit ihrer Kamera begleitete. Ihre Schwarzweißaufnahmen dokumentieren nicht nur politische Aktionen, sondern auch alltägliche Momente feministischer Selbstermächtigung, etwa den Protest 1981 für die Abschaffung des § 218, der bis heute existiert. Horns Bilder sind mehr als Dokumente: Sie sind lebendige Zeugen eines gesellschaftlichen Aufbruchs, dessen Nachhall bis in die Gegenwart reicht.

Einen ganz anderen, poetischen Zugang wählt die Künstlerin Ekatherina Savtchenko in ihrer Serie „Tierra desconocida“ („Unbekanntes Land“). In drei großformatigen Selbstporträts zeigt sie sich im Sprung – ein Sinnbild für den Mut, Grenzen zu überschreiten. Ihre Arbeit steht exemplarisch für ein feministisches Bewusstsein, das nicht nur dokumentiert, sondern verkörpert: ein Aufruf, sich Raum zu nehmen, sichtbar zu werden, neu zu definieren, was Körper, Freiheit und Kunst bedeuten.

Auch die Düsseldorfer Fotografin Corina Gertz erweitert die Perspektive. Sie porträtiert ihre Modelle, meist Frauen in farbenprächtigen Trachten oder Bühnenkostümen, stets in abgewandter Haltung vor tiefschwarzem Hintergrund. Für die Ausstellung wurde ihre Arbeit mit einer Tänzerin im Bühnenkostüm von Gwen Wieczorek und Ben J. Riepe ausgewählt. Das fransenverzierte, buntgeblümte Kostüm mit „Katzenohren“ verwandelt die Figur in ein Fabelwesen und lenkt den Blick auf das Zusammenspiel von Körper, Kleidung und Identität. Damit schließt Gertz’ Werk an performative, queere und feministische Fragestellungen an, wie sie auch in den anderen Düsseldorfer Ausstellungen verhandelt werden.

Frauen in der Fotokunst

Seit es Fotografie gibt, gibt es Fotografinnen, und obwohl Frauen von Anfang an eine wichtige Rolle in der Fotografie und Fotokunst spielten, finden ihre Werke bis heute viel zu wenig Beachtung. Dies ist das Resultat struktureller Diskriminierung. Diese Sonderausstellung zeigt nicht nur ungewöhnliche und sehr qualitätsvolle Kunst, sondern verweist auf diese nach wie vor bestehende Benachteiligungssituation und ist deshalb von großer gesellschaftlicher und künstlerischer Bedeutung. Die dokumentarischen und künstlerischen Perspektiven der Künstlerinnen und Fotografinnen und deren gesellschaftliche und politische Relevanz blieben viel zu lange im Schatten ihrer männlichen Kollegen, obwohl die Künstlerinnen mit ihrer Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen und politischen Entwicklung geleistet haben. Ihre Bilder erzählen von Emanzipation, von Widerstand, von Alltag und Wandel, aber auch von Mut, Verletzlichkeit und Kraft.

Die Ausstellung ist damit nicht nur eine kunsthistorische Aufarbeitung, sondern auch ein Statement: Sie zeigt, wie weibliche Perspektiven über Jahrzehnte übersehen wurden, und wie stark sie sind, wenn sie endlich sichtbar werden.

Besucher*innen treffen auf Werke von Fotografinnen, deren Schaffen im historischen Kontext allein schon als feministisch gelten kann, auch wenn es nicht explizit politische Botschaften vermittelt. Sie sehen Aufnahmen, die feministische Bewegungen dokumentieren, und aktuelle Arbeiten, die sich aktiv mit Fragen von Geschlechterrollen, Machtstrukturen und Sichtbarkeit auseinandersetzen. Die Ausstellung umfasst abstrakte Fotografie, Dokumentations- und Stadtfotografie, inszenierte Porträt-, Mode- und Theaterfotografie sowie soziale Fotografie. Sie reflektiert unterschiedlichste historische wie zeitgenössische Aspekte von Stadt und Gesellschaft seit der Entstehung der Fotografie im 19. Jahrhundert. Diese Vielfalt eröffnet nicht nur neue Perspektiven, sondern lädt dazu ein, den eigenen Blick zu hinterfragen: Welche Geschichten sehen wir und welche haben wir bisher übersehen? Ein vielseitiges Begleitprogramm mit Führungen, Künstlerinnengesprächen und Vorträgen bietet zudem die Möglichkeit, tiefer einzutauchen, Fragen zu stellen und den Dialog zu suchen.

Erinnern heißt entscheiden

Drei Museen und eine Gedenkstätte, und alle erzählen sie dieselbe Geschichte: Wie Erinnerung funktioniert, wer darin vorkommt, und wer nicht. Die Ausstellungen zeigen, dass Erinnerung kein Naturzustand ist, sondern das Ergebnis von Entscheidungen. Und sie werfen die entscheidende Frage auf: Wie sichtbar sind diese marginalisierten Perspektiven eigentlich draußen, im Stadtraum, der alltäglichen Bühne der Stadtgeschichte, für die es keine Eintrittskarten braucht? Bei genauerer Betrachtung wird schnell klar: Während die Museen und Gedenkstätten langsam beginnen, ihre Archive zu öffnen und die Leerstellen zu füllen, bleibt der Stadtraum weitgehend unverändert.

Die große Erinnerungslücke

Ein guter Indikator für die Sichtbarkeit von Frauen im Stadtbild sind die Straßennamen. Wie viele Straßen in Düsseldorf nach Frauen benannt sind, weiß derzeit jedoch niemand genau. Die letzte offizielle Erhebung stammt aus dem Jahr 2021, angeregt von einer Anfrage der LINKEN im Rat. Damals waren von rund 2.840 Straßen, Wegen und Plätzen etwa 923 nach Personen benannt, davon 839 nach Männern, nur 84 nach Frauen.

Seitdem hat die Stadt die Statistik nicht fortgeführt. Einzelne Benennungen kamen hinzu, doch eine systematische Überprüfung oder geschlechtergerechte Benennungspraxis existiert weiterhin nicht. Das Unsichtbare bleibt schwer messbar und was nicht gezählt wird, verschwindet leicht in der städtischen Erinnerungslücke.

Die Erinnerungslücke ist nicht nur weiblich. Sie ist auch queer und antikolonial. Während die Museen und die Mahn- und Gedenkstätte die Verfolgung und die Beiträge queerer Menschen in den Fokus rücken, fehlt diese Sichtbarkeit in der offiziellen Nomenklatur des Stadtraums weitgehend. Düsseldorf hat zwar mit dem Kunstwerk von Claus Richter auf der Apollo-Wiese (enthüllt 2021) einen prominenten LSBTIQ+-Erinnerungsort für die Opfer von Diskriminierung und Verfolgung geschaffen. Dennoch gibt es keinen zentralen Platz oder eine Straße, die prominent und dauerhaft nach queeren Opfern der NS-Verfolgung benannt ist, um diese Biografien aktiv in die alltägliche Stadtgeschichte einzuschreiben. Auch beschränkt sich das Problem nicht auf Straßennamen: Wo sind die öffentlich zugänglichen Kunstwerke oder Denkmäler, die die historische und kulturelle Leistung von Frauen, antikolonialen oder migrantischen Düsseldorfern dauerhaft und prominent zelebrieren? Die Museen hängen die vergessenen Künstlerinnen an die Wände; der Stadtraum hingegen präsentiert weiterhin eine Geschichte, die fest im 19. und frühen 20. Jahrhundert verankert ist.

Zwischen Fortschritt und Symbolpolitik

Düsseldorf versteht sich gerne als Kulturmetropole. Aber die Erinnerung im öffentlichen Raum bleibt auffällig männlich und weiß. Zwar werden nach und nach historisch belastete Straßennamen ersetzt, und dieser Prozess führt teilweise zu einigen wichtigen Neubenennungen nach Frauen, die strukturelle Ungleichheit wird dadurch jedoch nicht systematisch bekämpft. Konkret wurden unter anderem umbenannt:

Neubenennung statt Umbenennung

Insbesondere die Sichtbarmachung von Frauenbiografien erfolgt in Düsseldorf nur selten: Eine bemerkenswerte Ausnahme ist die Erna-Eckstein-Straße, die 2020 im Neubaugebiet auf dem ehemaligen Hasenclever-Gelände an der Witzelstraße entstand. Sie erinnert an die Kinderärztin Erna Eckstein-Schlossmann (1895–1998), eine der ersten Medizinstudentinnen in Düsseldorf, Mitbegründerin der Medizinischen Akademie und Wegbereiterin der modernen Kinderheilkunde. Nach 1933 war sie antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt und musste 1935 mit ihrer Familie in die Türkei emigrieren, wo sie eine Kinderklinik aufbaute und an der Bekämpfung von Infektionskrankheiten arbeitete.

Dass solche Neubenennungen die Ausnahme bleiben, ist problematisch. Denn Benennungen sind mehr als Verwaltung: Sie spiegeln Machtverhältnisse. Wer erinnert wird, gilt als relevant; wer fehlt, als nachrangig. In einer Stadt, die sich Kulturhauptstadt nennt, ist vermeintliche Neu­tralität in der Erinnerungspolitik eine politische Entscheidung – und zwar eine gegen die Hälfte ihrer Bevölkerung. Eine feministische Erinnerungspolitik würde das nicht nur ausgleichen, sondern aktiv neue Perspektiven setzen.

Zwei FrauenOrte NRW in Düsseldorf

Über die Straßenbenennungen hinaus können Frauenbiografien in Düsseldorf auch durch das landesweite Projekt „FrauenOrte NRW“ sichtbar gemacht werden. Das Projekt würdigt seit 2021 Orte, an denen Frauen Geschichte geschrieben haben. In Düsseldorf gibt es bislang genau zwei dieser Orte:

  1. Else Gores: Erinnerung an Widerstand
    Else Gores (1914–1945) war eine Düsseldorfer Arbeiterin, die in den letzten Kriegstagen Zivilcourage bewies: Sie gewährte ihrem Freund, einem Kommunisten, in ihrer Wohnung in der Oberbilker Allee 284 Unterschlupf. Von Nachbarn denunziert, wurde sie am 11. April 1945 verhaftet und in den Eller Forst verschleppt. Sie überlebte einen Exekutionsversuch, wurde jedoch erneut gefasst und mutmaßlich ermordet, bevor sie medizinisch versorgt werden konnte. Die Benennung der Else-Gores-Straße (Inkrafttreten am 29.06.2025) ist die höchste postume Ehrung durch die Stadt, spät, aber verdient. (Mehr zu Else Gores in dem Artikel „Zwischen Zivilcourage, Gewalt, Verrat und Grausamkeiten“ TERZ 05/2025)
  2. Ilna Ewers-Wunderwald: Plakette für die „Rebellin“
    Die zweite Düsseldorfer FrauenOrte-NRW-Protagonistin ist Ilna Ewers-Wunderwald (1875–1957). Sie war Malerin, Illustratorin, Dichterin und so eigenwillig, dass sie schon zu Lebzeiten aus der Kunstgeschichte fiel. Ihre Arbeiten verbinden Jugendstil, Symbolismus und Erotik; sie sprengte Geschlechterrollen, Themen und Formen. Nach Jahrzehnten des Vergessens wurden ihre Werke erst in den letzten Jahren wiederentdeckt. Neben der Benennung der Ilna-Wunderwald-Straße soll im Herbst 2025 eine Plakette an ihrem ehemaligen Wohnhaus in Pempelfort an sie erinnern.
  3. Dass in einer Großstadt wie Düsseldorf nur zwei dieser offiziellen Orte existieren, sagt viel über das Verhältnis dieser Stadt zur eigenen feministischen Erinnerungspolitik aus.

Erinnerung von unten

Dass sich trotzdem etwas bewegt, liegt an denen, die Erinnerung nicht den Behörden überlassen: Feministische Gruppen, antifaschistische Bündnisse und queere Stadtführungen erzählen Geschichte als Teil aktueller Kämpfe. Sie führen zu Orten von Verfolgung, Widerstand und Solidarität, verknüpfen Vergangenheit mit Gegenwart und machen sichtbar, wie politisch Stadtgeschichte immer ist. (Vgl. dazu auch den Artikel „Pride in der Altstadt“ in der TERZ 07/08.25) Hier, auf der Straße, entstehen die lebendigsten Formen von Erinnerung: nicht als Gedenktafel, sondern als Haltung. Doch gesellschaftlicher Druck allein reicht nicht aus. Auch die Stadt selbst muss handeln.

Klare Entscheidungen statt endloser Debatten

Düsseldorf braucht keine weitere endlose Abwägung, sondern klare Entscheidungen. Wenn Museen beginnen, Vergessenes sichtbar zu machen, darf der Stadtraum nicht stumm bleiben. Es ist Aufgabe von Politik und Verwaltung, den Mut zur Umbenennung zu zeigen, gezielt, sichtbar und gerecht. Eine Stadt, die sich Kulturhauptstadt nennt, muss ihre Straßen als Kapitel ihrer Gegenwart verstehen. Und die Zivilgesellschaft sollte weiter Druck machen, damit Erinnerung nicht an Museumswänden endet, sondern an jeder Straßenecke neu beginnt.

Wem gehört die Erinnerung?

Während Düsseldorf sich in den Museen modern zeigt und über Kanonkorrektur diskutiert, trägt der Stadtraum weiter alte, monolithische Strukturen. Frauen, queere Menschen, Migrant*innen tauchen dort kaum auf. Die offizielle Erinnerungspolitik bleibt reaktiv: ein Abwägen, kein Aufbrechen. Doch Erinnerung ist keine Luxusangelegenheit, sondern eine Frage der Macht. Sie entscheidet darüber, wer in der Geschichte vorkommt und wer nicht. Vielleicht braucht diese Stadt nicht noch eine Ausstellung, sondern einfach mehr Mut, neue Namen an ihre Wände zu schreiben.

Denn wer die Straßenschilder liest, liest auch, wem Düsseldorf gehört.

Valentine

Die unsichtbaren Orte des Versagens: Wo die Sichtbarkeit endet

Während Düsseldorf sich in den Museen und auf einigen Straßenschildern mit der Erinnerung an vergangene feministische Kämpfe schmückt und dafür feiert, bleibt es blind für die Kämpfe der Gegenwart. Auch wenn es nur symbolisch bleibt, die Stadt versucht ihre Geschichtsschreibung zu korrigieren, indem sie historische Persönlichkeiten postum ehrt. Doch wo es um die konkrete Sicherheit und Struktur für Frauen heute geht, versagt die Politik vollkommen.

Wie die Linksfraktion Düsseldorf kritisiert, wird es vorerst kein drittes Frauenhaus geben. Statt noch in diesem Jahr, wird es bis zur Umsetzung noch mindestens bis 2028 dauern. Die bestehenden Notunterkünfte sind chronisch überfüllt – jede vierte Frau, die Schutz sucht, muss abgewiesen werden. Hier geht es nicht um eine lückenhafte Erinnerung, sondern um akute Lebensgefahr.

Die Stadt begründet die Untätigkeit mit dem Verweis auf fehlende Landesförderung – ein durchsichtiges Argument, das die Verantwortung nach oben delegiert, statt die städtische Pflicht zur Gefahrenabwehr wahrzunehmen.

Hier zeigt sich, was Düsseldorfer Gleichstellungspolitik in der Praxis oft ist: Schaufenster statt Struktur. Für symbolische Sichtbarkeit – die Umbenennung einer Straße – ist Geld und politischer Wille vorhanden. Für die reale, überlebenswichtige Sicherheit nicht. Ein Frauenhaus muss aus Sicherheitsgründen unsichtbar bleiben, aber seine politische und gesellschaftliche Notwendigkeit darf es nicht sein. Während sich die Stadt für die feministische Erinnerungspolitik feiern lässt, verweigert sie die Unterstützung jener Orte, die das Überleben von Frauen sichern.

Düsseldorf ehrt die Toten mit Straßennamen, aber lässt die Lebenden in der Not warten. Die wahren „unsichtbaren Orte des Versagens“ sind jene Notrufe, die unbeantwortet bleiben, und die Hilfsgesuche, für die es keinen Platz gibt.