TERZ 11.25 – LAUSIGE ZEITEN
In diesem Monat feiert das Duisburger Archiv für alternatives Schrifttum (afas) sein 40-jähriges Bestehen. Seit 1985 trägt es Materialien von den neuen sozialen Bewegungen, Bürger*innen-Initiativen und Selbsthilfegruppen, der Friedensbewegung, sozialistischen und kommunistischen Gruppen und linken Medien (inklusive der TERZ) zusammen. Zehntausende Zeitschriften, Broschüren, Flugblätter und Plakate finden sich auf den Regal(kilo)metern. Mit ihrer Sammlung will das afas „linksalternative Geschichte/n bewahren“ und nachwachsenden Generationen zur Verfügung stellen, damit sie aus den Erfahrungen der Altvorderen lernen können. Und jeden Monat hebt es einen kleinen Schatz aus ihrem Archiv und präsentiert ihn auf der Website. Im Oktober war es das Spiel „Femory“ – eine feministische Memory-Version.
Wir gratulieren!
Die Stadtbild-Einlassung von Friedrich Merz war kein „Ausrutscher“, sondern Teil einer Parallelaktion. Der rassistische Spruch „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem …“ fiel genau in die Zeit seines Machtwortes über das Ausschließen einer Zusammenarbeit der CDU mit der AfD. Warum AfD wählen, wenn ihr es bei mir genauso flauschig braun haben könnt, sollte die Message sein.
Und dabei hat er wirklich ganze Arbeit geleistet. Während die AfD immer noch Gründe für ihr Ressentiment anführt und gegen Migrant*innen hetzt, weil sie den Deutschen in den Augen der Partei wahlweise die Arbeitsplätze, Frauen oder Wohnungen wegnehmen und ein Kriminalitätsgen haben, stört sich Merz am Migranten an sich, an der Migrantin an sich, an ihrem bloßen „da sein“, ihrer Präsenz im öffentlichen Raum. Das überschreitet schon noch einmal eine Grenze.
Aber seine Düsseldorfer Parteikolleg*innen geben ihm Rückendeckung. „Er hat insofern recht damit, dass wir in den vergangenen Jahren eine Zunahme an Gewalt und an Drogenkriminalität in den Innenstädten sehen und dass viele Leute sich darüber Sorgen machen“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, der Rheinischen Post. Und Thomas Jarzombek fand die Aussage zwar ein bisschen „zugespitzt“, kam aber auch nicht umhin zu konstatieren, dass angeblich „bestimmte Gruppen eine gewisse Dominanz zu bestimmten Uhrzeiten“ ausüben würden.
Der Verein „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“ hat den Bundeskanzler eingeladen, sich einmal vor Ort ein (Stadt)Bild zu machen, das dürfte aber ins Leere laufen.
Alle reden vom Wehrdienst, aber Marie-Agnes Strack-Zimmermann denkt da schon weiter. Die rüstige FDP-Politikerin aus Düsseldorf tritt für eine 4- bis 6-wöchige „Resilienz-Ausbildung weiter Teile der Gesellschaft“ ein. Es braucht ihrer Auffassung nach nämlich „ein Grundverständnis für die Bedrohungslage und für das, was im Ernstfall zivil zu tun ist“. Das schreibt sie in einem Gastbeitrag für die Rheinische Post. Im Visier hat die Liberale, die zurzeit dem EU-Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung vorsitzt, dabei alle Deutschen bis zum Alter von 40, die noch nicht gedient haben.
... und noch schnell zum Redaktionsschluss dieses Bonbon:
Die Marie-Agnes ist zu ungewohnten Ehren gekommen. Sie wurde unlängst in Bad Honnef zur Aalkönigin gekürt. Dabei hat, wie WDR aktuell berichtet, diese Ehre wenig mit diesem schleimigen, aasfressenden Vertreter der Gattung Fisch zu tun. Seit 22 Jahren vergibt das Bad Honnefer Aalkönig-Komitee den kuriosen Titel an eine bekannte Person aus Politik, Kirche, Medien, Sport oder der Unterhaltung. Mit dem Titel wird eine Person geehrt, die sich besonders engagiert und dann ein Jahr lang stellvertretend für das Engagement in Bad Honnef steht.
Der Name „Aalkönig“ kommt dabei von der Gründung des Preises. Eine Gruppe Bad Honnefer Bürger*innen wollte ursprünglich einen renovierungsbedürftigen Aalschokker damit retten und Geld für dessen Restaurierung sammeln. Was als einmalige Aktion gedacht war, wurde zu einer Tradition. Inzwischen wird Geld für örtliche Vereine und ausgewählte Projekte gesammelt.
Für Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist es nicht der erste große Titel. Immerhin war sie auch schon von 2008 bis 2014 Erste Bürgermeisterin und damit Stellvertreterin des Oberbürgermeisters von Düsseldorf. Unter einigen, oft auf ihre Tätigkeitsschwerpunkte anspielenden Namen wird sie erwähnt, wie „Flak-Zimmermann“ zum Beispiel. Wir von der TERZ finden Strack-Panzermann ganz schick. Die Frauenzeitschrift EMMA machte sie 2024 zum „Sexist Man Alive“.
Nun kommt der Titel „Aalkönigin” hinzu. Wir gratulieren. Nicht.
Quelle: WDR aktuell 25.10.25
Ausgerechnet im Düsseldorfer Industrieclub, in dem Adolf Hitler im Jahr 1932 seinen Pakt mit den Konzernen schloss, fielen am 20. Oktober markige Worte. „Die Nato ist kein defensives Verteidigungsbündnis und hat nur defensive Waffen. Wir müssen offensiv gehen“, tönte dort der ehemalige deutsche NATO-General Christian Badia. „Eine ‚Abschreckung unterhalb der Schwelle des Nuklearen‘ schwebte ihm laut „Welt“ vor. Ex-Außenminister Joschka Fischer sprach derweil über die Deutschen als „strukturelle Pazifisten“, die jetzt eine Rereeducation benötigten. Und der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wähnte Deutschland schon mittendrin im Schlachtgetümmel. „Vor dem Hintergrund einer hybriden Bedrohung befinden wir uns bereits im Krieg“, konstatierte er.
Die Worte fielen auf dem „Mittelstand Defense Forum“. Eingeladen dazu hatte die Landesregierung gemeinsam mit Mission2044, dem Ableger einer auf den Cayman-Inseln beheimateten Investment-Gesellschaft, die dem privaten Kapital den Rüstungssektor schmackhaft machen will.
An Investitionsmöglichkeiten fehlt es im Lande nicht, meinte Landesminister und Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski: „Viele ‚hidden champions‘ in NRW verfügen über Technologien, die für Verteidigung, KI, Sensorik oder Drohnen-Technologie hochrelevant sind.“ Aber auch die Landesregierung tut etwas. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur kündigte in Düsseldorf das 25 Millionen Euro schwere Förderprogramm „Defense Tech NRW“ an. Davon würde nicht nur die Rüstungsindustrie profitieren, meinte die Grüne und verwies auf den Kollateralnutzen des Kriegsgeräts. „Sie hob hervor, wie Fortschritte in Forschung und Technik eben nicht nur militärisch, sondern auch zivil zum Einsatz kämen. Beispiele dafür seien Ladesysteme für Fahrzeuge, Drohnen- oder Satellitentechnik, Erfolge bei Cybersicherheit oder künstlicher Intelligenz“, so die Rheinische Post unter der Überschrift „Ein Land rüstet auf“. Von Guttenberg pries den Krieg dann ebenfalls als Vater aller Dinge. Die Verteidigungsindustrie sei „ein wahrer Innovationsmotor“.
Es geht also wieder mal mit dem Raketenflugzeug ins Plusquamperfekt, wie Adorno das einst aufklärungsdialektisch formulierte.
Kinobesuche der besonderen Art erleben immer wieder die Kolleg*innen von ZF (Zahnräder Friedrichshafen – ein weltweit tätiger deutscher Automobilzulieferer). Werden doch die Betriebsversammlungen des Entwicklungszentrums auf der Schiesstraße in Düsseldorf Heerdt, im nahegelegenen Cinestar-Kino abgehalten. Nur die gebuchten Säle werden jedes Mal kleiner, haben ZF doch schon im laufenden Jahr jeden fünften der 625 Arbeitsplätze, hauptsächlich bei den Ingenieur*innen, abgebaut. Jetzt wurde verkündet, dass bis 2029 weitere 125 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Es werden damit dann ca. 40% der bestehenden Arbeitsplätze gestrichen. Bundesweit sollen bis 2028 ungefähr 14.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Damit wird die Kinolandschaft auf immer mehr ZF-Kolleg*innen bei abgehaltenen Betriebsversammlungen verzichten müssen[1]. Als Gründe werden mal wieder die schrumpfenden Gewinne und wegbrechenden Absätze genannt. Dass der Umsatz in 2024 um elf Prozent auf 41,4 Milliarden Euro gesunken ist, 5,2 Milliarden weniger als im Vorjahr, OK. Dass der operative Gewinn im Vergleich zu 2023 zwar um 900 Millionen eingebrochen ist, OK. Aber nach bereinigten Sondereffekten lag der Gewinn immer „nur“ noch bei 1,5 Milliarden Euro[2]. Da macht es natürlich Sinn, die Entwicklung systematisch ins Ausland zu verlagern und die Weiterentwicklung des Know-Hows immer weiter runterzufahren, anstatt in Wissen zu investieren und so verlorengegangenen Märkte zurück- und neue dazuzugewinnen. Wieder einmal darf die Belegschaft die Fehler des Managements ausbügeln. Das jahrelange Festhalten am Verbrenner fällt uns immer mehr auf die Füße. Da geben leider auch die besten Arbeitssicherheitsschuhe nach. ³
Henry Ford
[1] RP 21.10.25 https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/duesseldorf-zf-baut-100-weitere-stellen-fuer-ingenieure-ab_aid-135662203
[2] Tageschau.de 20.03.25 https://tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/zf-bilanz-konzernanalyse-100.html
Der TERZ ist im Artikel „Protest gegen Kubitschek“ der Oktober-Ausgabe ein Fehler unterlaufen. Sie hat die Quelle der Kubitschek-Zitate nicht ausgewiesen. Es handelte sich dabei um den Text „Kubischek zu Besuch bei der NRW-AfD“ von Christoph Ullrich, der auf der Internet-Seite des WDR erschienen ist.