TERZ 11.25 – TEURER WOHNEN
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat Vermieter*innen das Kündigen wegen Eigenbedarfs erleichtert. Er gab im betreffenden Fall einem Eigentümer aus Berlin Recht.
Dieser wollte seine eigenen Räumlichkeiten umbauen, um sie danach zu verkaufen. Benötigt ein im selben Haus wohnender Vermieter die Wohnung einer Mietpartei, damit er seine eigenen Räumlichkeiten umbauen und anschließend verkaufen kann, liegt in der Regel ein ausreichender Grund für Eigenbedarf vor, entschieden die Karlsruher Richter*innen.
Der klagende Vermieter hatte seinem im selben Haus wohnenden Mieter wegen Eigenbedarfs gekündigt und dies mit dem oben geschilderten Vorhaben begründet. Während des Umbaus benötige er die Wohnung des Mieters. Er klagte auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Das Landgericht Berlin urteilte noch, dass kein ausreichender Eigenbedarfsgrund vorliege, da laut Gesetz der Vermieter die Wohnung benötigen müsse. Er wolle mit dem Umbau aber nur einen optimalen Verkaufspreis erzielen. Dieses reine Verwertungsinteresse stehe einem Eigenbedarf rechtlich nicht gleich.
Der BGH sah das anders und entschied im Sinne des Vermieters. Das Landgericht habe dessen Umbau- und Verkaufswunsch nicht ausreichend berücksichtigt, befand der Bundesgerichtshof. Der Hausbesitzer kann den Richter*innen zufolge grundsätzlich den damit einhergehenden Eigenbedarf geltend machen – auch wenn er diesen Bedarf mit dem Umbauwunsch selbst geschaffen habe. Da lässt so mancher Immobilien-Besitzende die Sektkorken knallen, satter Profit winkt, raus also mit den lästigen Mieter*innen!
Quelle: MDR 02.10.25
Auch in Düsseldorf sind immer wieder Menschen von Eigenbedarfskündigungen betroffen, die Mieter*innen zum Auszug zwingen. Anfang 2025 traf es Beatriz. Trotz aller Versuche, die Kündigung abzuwenden, einschließlich der Unterstützung durch das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum”, musste die alleinerziehende Mutter aus ihrem langjährigen Zuhause in der Friedrichstadt ausziehen – auch für ihren Sohn ein Einschnitt.
Die Wohnungssuche gestaltete sich erwartungsgemäß äußerst schwierig, beschränkte sie sich doch auf Düsseldorf, denn 2 Jahre vor dem Abi des Sohnes kam ein Ortswechsel nicht in Frage. Die neue Bleibe Nähe Worringer Platz ist nicht nur kleiner, sondern auch sehr viel teurer als die alte und bringt Beatriz, die als Dozentin arbeitet, finanziell an ihre Grenzen. Die Wut auf den Ex-Vermieter bleibt: Ob er tatsächlich in „ihre” Wohnung einziehen wird? Oder alles nur zum Schein, um dicke Kohle zu machen? Die Mietenden sind der Willkür ausgeliefert, wenn es um Eigenbedarfskündigungen geht.
Nun haben Immobilien-Besitzende durch das BGH-Urteil ein noch leichteres Spiel.
Aufsehen erregende Proteste bis hin zu einer symbolischen Wohnungsbesetzung in Golzheim haben Ende letzten Jahres sogar Düsseldorfs OB Stephan Keller aufgeschreckt, der von Entmietungen betroffene Menschen daraufhin ins Rathaus eingeladen hatte und Hilfe versprach.
Nun zeichnet sich für die letzten noch in den Häusern auf der Bankstraße 7-11 lebenden Mieter*innen nach Jahren voller Schikanen und Ungewissheit ein erfreuliches Ende ab: Sie dürfen in ihren Wohnungen bleiben. Stadtverwaltung und der Investor haben sich, berichtet die RP, auf einen Kompromiss geeinigt. Keller lobte den Einsatz des Wohnungsamtes, durch den der Kompromiss gelungen sei, die schwierige Situation mittels einer Kooperation mit dem Investor zugunsten der Mieter*innen zu lösen. Damit werde der Erhalt von bezahlbaren Mietwohnungen in Golzheim ermöglicht. Sage und schreibe 15 der insgesamt 45 Wohnungen sollen mit Mitteln der öffentlichen Wohnraumförderung modernisiert werden und unterlägen dann für mindestens 30 Jahre einer Mietpreisbindung, sie dürfen entweder an die derzeitigen Mieter*innen oder an Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein vermietet werden. Ob dieses löbliche Beispiel Schule macht, bleibt abzuwarten. In Golzheim brennt nach wie vor vielerorts die Hütte, einige Mietende haben gegen die Kündigung ihrer Wohnung geklagt und warten auf Gerichtstermine. Eine äußerst nervige und kostspielige Angelegenheit. Ein Element der gegenseitigen Hilfe ist die solidarische Prozessbegleitung. Die Mieter*innen aus Golzheim unterstützen sich schon länger gegenseitig in ihren Gerichtsprozessen, gehen mit, hören im Gerichtssaal zu und sind im Nachhinein füreinander da. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum informiert laufend über die aktuelle Lage. Der Mieter*innen-Stammtisch Miet & Greet findet weiterhin jeden 2. Donnerstag im Monat im Café Saffrans auf der Collenbachstraße statt, die Vernetzung von Mieter*innen in weiteren Düsseldorfer Stadtteilen wie Bilk und Unterbilk wird fortgesetzt. Mit „Zeit zu bleiben“, den Mieter*innen von der Konkordiastraße (Terz 9.25), fand Mitte August ein Vernetzungstreffen im Unterbilker Café Grenzenlos statt. Die Anwesenden berichteten von Sorgen, ihren Wohnraum früher oder später zu verlieren, von Häusern, die vor Kurzem verkauft wurden oder bald verkauft werden sollen. Andere sind von Mieterhöhungen, Baustellen oder Airbnb-Vermietungen betroffen (siehe Bericht unten). Ob der frisch im Oberbürgermeister-Amt bestätigte CDU-Mann Keller weiter Einsatz für Mieter*innen zeigt und Lösungen umsetzt, die den Düsseldorfer Immobilienmarkt entspannen und vor allem bezahlbaren Wohnraum schaffen?
Eigentlich ist Airbnb ja ‘ne gute Sache, oder? Besonders in hippen Metropolen eine klare Alternative zum Hotel. Dass dadurch gerade in Städten wie Berlin, Köln und auch Düsseldorf nicht wenige Wohnungen vom Markt verschwinden, wodurch die Wohnungsknappheit weiter verschärft wird, darauf machten das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum und fiftyfifty Anfang Oktober mit einer Aktion aufmerksam. Sie mieteten eine Wohnung über Airbnb für die wohnungslose Bonnie an, um ihr wenigstens für kurze Zeit eine Unterkunft zu ermöglichen. Eine Chance auf bezahlbaren Wohnraum in Düsseldorf hat Bonnie nicht. Der Vermieter bietet mehr als ein Dutzend Wohnungen über Airbnb an, bekanntermaßen ein lukratives Geschäft. Ohne die in Düsseldorf vorgeschriebene Wohnraum-Identifikationsnummer. Laut Anwalt des Vermieters sei dies bei gewerblichen Immobilien auch nicht erforderlich. Das Bündnis und fiftyfifty fordern von der städtischen Verwaltung, die Bestimmungen zur Zweckentfremdung endlich zu überwachen und Verstöße konsequent zu ahnden, denn tausende Wohnungen werden in Düsseldorf über Airbnb gewerblich vermietet. Die Kontrollen der Stadt sind offenbar so zögerlich, dass auch die Vorschrift der Wohnraum-Identifikationsnummer, die der Rat der Stadt vor sechs Jahren im Rahmen einer Zweckentfremdungssatzung beschlossen hat, für Vermietende kein Hindernis ist. Diese Regelung soll verhindern, dass dringend benötigter Wohnraum über Airbnb oder andere Portale angeboten wird. Vermietende müssen diese Nummer angeben, um die Kurzzeitvermietung legal zu betreiben, oder eine Ausnahmegenehmigung beantragen, wenn die Dauer der Vermietung unter 90 Tagen bleibt. Den Vermietenden wird es also leichtgemacht, Wohnungen zu hohen Mieten über Portale auf Zeit anzubieten. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum und fiftyfifty machen immer wieder auf solche Fälle aufmerksam.
Durch Airbnb stoßen Menschen, die eine Wohnung in einem Düsseldorfer Mietshaus bewohnen, auf mitunter unzumutbare Zustände, wenn immer mehr leer werdende Nachbarwohnungen auf diese Weise vermietet werden, oft tageweise. Schnell ist die Hausgemeinschaft zerstört, die hohe Fluktuation der Personen, die die Wohnung für Partys, Junggesellenabschiede und andere Zwecke mieten, bringt Tag und Nacht Unruhe ins Haus. Rücksichtnahme auf die übrigen Hausbewohner*innen kann nicht eingefordert werden. So geht es immer mehr Menschen. Umziehen ist keine Alternative, die Chance auf eine bezahlbare Wohnung so gut wie aussichtslos. Und wäre es in einem anderen Mietshaus besser?
Hier muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden. Das Instrument dafür ist vorhanden, nur mangelt es an der Umsetzung.
Die Kettwiger Straße in Flingern, unansehnliche Mehrfamilienhäuser mit krassen Mängeln, Miete 6 Euro pro Quadratmeter. Mit letzterem ist es vorbei, seitdem im Sommer 2023 die FB Invest Düsseldorf GmbH vier der Häuser mit zusammen 44 Wohneinheiten gekauft hat. Flugs gab es für die Mieter*innen erst mal Mieterhöhungen von 20 Prozent. Danach wurden Modernisierungen, damit verbundene unangenehme Baumaßnahmen und daraus resultierende erhöhte Mieten angekündigt. Dann hieß es, dass die Wohnungen während der Umbaumaßnahmen unbewohnbar seien und die Mieter*innen ausziehen sollten, ansonsten müssten sie mit einer Verwertungskündigung (siehe hierzu „Wir bleiben hier“, TERZ 09.25) rechnen. Beliebte Taktik: Von der Eigentümerin wurde gleichzeitig zur Ankündigung eine Prämie für alle Mieter*innen in Aussicht gestellt, die freiwillig ausziehen, und tatsächlich zogen einige Parteien aus. Die verbleibenden Mieter*innen haben erfahren, dass die Ehemaligen offenbar eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben mussten, um eine Prämie zu erhalten, die zudem nicht besonders hoch war. Seit der Neuvermietung wird für eine Wohnung ein Preis von ca. 18 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter verlangt, also dreimal so viel wie vorher. Die Zimmer sind minimal möbliert, um die Mietpreisbremse zu umgehen. Innerhalb der Wohnungen werden sie jetzt einzeln an Studierende vergeben, was noch mehr Geld bringt. Die Wohnungsnot zwingt die Menschen, die überteuerte Miete für die spartanisch ausgestatteten, zumeist unrenovierten Zimmer hinzublättern. Auch steht der Verdacht im Raum, dass zwei der Wohnungen über Airbnb gewerblich vermietet werden, da immer wieder Menschen mit Koffern in einem der Häuser angetroffen werden, ein für solche Zweckentfremdungen typischer Schlüsselkasten findet sich im Eingangsbereich.
Alles in allem wieder mal einer dieser bedauerlichen Einzelfälle? Inzwischen gibt es in Düsseldorf viele solcher Praktiken von Vermietenden und Immobilienbesitzenden. Soziale Erhaltungssatzungen, Vorkaufsrecht, eine wirksame Mietpreisbremse, die auch für möblierte Wohnungen gilt und eine funktionierende Zweckentfremdungsatzung gegen Airbnb-Wohnungen, die vor allem auch umgesetzt wird, kann nur immer wieder gefordert werden. Das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum hat die Stadt Düsseldorf und die Presse informiert in der Hoffnung, dass es den Mieter*innen, die um ihr Zuhause bangen, etwas bringt!