Kein Werben fürs Sterben

Am Freitag, den 24. Juni besuchte die Kampagne „Arschloch des Monats“ die Düsseldorfer Werbeagentur Castenow im Düsseldorfer Hafen. Mehrere Aktivist*innen zeigten mit ihrer Performance und der Rede des Düsseldorfer Friedenspreisträgers Peter Bürger, was sie von der Werbekampagne der Agentur für die Bundeswehr halten. Nämlich so rein gar nichts. Hier nun der Text, der dort an umstehende Interessierte verteilt wurde:

Die Düsseldorfer Werbeagentur Castenow Communications (Neuer Zollhof 3) will die Bundeswehr hip und cool machen. Seit Monaten nervt sie bundesweit mit ihrer Kampagne fürs Sterben. Fast 11 Millionen Euro groß ist der Werbeetat. Die drei Geschäftsführer Dieter und Sabine Castenow sowie Hubert Hundt freuen sich über den gewonnenen Etat. Hundt dazu: „Wenn wir ein Unternehmenskonzept entwickeln, ist es gleich, ob es sich um ein Museum, ein Uhren-Geschäft oder die Bundeswehr handelt.“ Genau das ist es aber nicht, denn die Bundeswehr ist kein normales Unternehmen, sie verkauft keine Uhren oder Lebensmittel, sondern sie führt Krieg.

Die Kampagne ist erstmal auf drei Jahre angelegt. Das heißt, wir werden auch weiterhin mit diesem Mist konfrontiert. Mit 30.000 Plakaten in zwölf Großstädten, 5,5 Millionen Postkarten, Anzeigen im Online-Dienst Instagram, im Radio, in Filmen, im Kino, mit einer Facebook-Seite und einer neuen Bundeswehr-Webseite wurde bis jetzt schon versucht, junge Leute für den Dienst für den Krieg zu locken. Und die Bundeswehr hat es nötig:
Um offensive Nachwuchswerbung kommt die Truppe nämlich nicht rum, nachdem die Wehrpflicht abgeschafft wurde und die berufliche Zukunft als Kanonenfutter als eine Art attraktive Karrieremöglichkeit unter vielen dargestellt werden muss.

Die Bundeswehr soll die politischen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands militärisch durchsetzen. Deshalb werden immer mehr Soldat*innen ins Ausland gesandt. Militärische Fachkräfte benutzen aber vor allem tödliche Waffen und wenden im Auftrag des Staates Gewalt an. Das zeigen die Werbevideos dieser Kampagne nicht – in keinem der Filme, die auf der Webseite gezeigt werden, wird ein Schuss abgefeuert. Nirgends wird erzählt, dass der Job bei der Bundeswehr auch tödlich sein kann. Bis 2015 starben in Afghanistan 106 Bundeswehrangehörige – was natürlich auf keinem der Plakate steht oder in den Filmen zu sehen ist. Da bekommt der Werbeslogan „Mach, was wirklich zählt“ gleich eine ganz andere Bedeutung. Besonderen Wert wird darauf gelegt, dass auch Frauen in der Werbung der Kampagne vorkommen. Die Bundeswehr soll als attraktiver Arbeitgeber dargestellt werden, der auch für Frauen Karrierechancen bietet. Doch die Bundeswehr ist kein Hort der Frauenemanzipation, sondern ein patriarchales Gebilde, in dem es die strikte Hierarchie von oben nach unten gibt und unbedingter Gehorsam erwartet wird. Immer wieder gibt es sexuelle Übergriffe und sexistische Behandlung. Insofern ist die Werbekampagne ein einziges Lügengebilde. Soldat ist kein ganz normaler Job, nur eben mit Maschinengewehr und viel Action statt Blaumann und Routine, sondern es bleibt dabei: Soldaten sind Mörder! Kein Werben fürs Sterben!

https://youtu.be/ttjgwIC5omE
http://machwaszaehlt.de


652 zwangsräumungen

Sehr viele Düsseldorfer*innen wohnen nicht mehr: 2015 fanden 652 Zwangsräumungen statt. Das ergab eine Anfrage der Partei „Die Linke“ im Rat. Im Jahr 2014 belief sich die Zahl nach Auskunft der Stadtverwaltung sogar auf 668. Akute Schwierigkeiten, ihre Miete zu zahlen, hatten noch weit mehr Haushalte. 2.369 Problemfälle nennt die Stadt. Aber das Sozialamt verhinderte mit der Übernahme der Mietschulden oder der Vermittlung in eine andere Wohnung Schlimmeres. „Lediglich in 21 Fällen war eine Aufnahme in den Obdachlosen-Bereich erforderlich“, verlautete es im schönsten Amtsdeutsch aus dem Büro von Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. Im Klartext heißt das: Notunterkunft. Und diese platzen inzwischen aus allen Nähten, weshalb die Stadt zusätzlich Räume in Hotels anmieten muss.

und ewig steigen die mieten

In Düsseldorf steigen die Mieten weiter. Im Vergleich zum Vorjahr legten sie dem Immobilien-Portal „Immowelt.de“ zufolge um elf Prozent zu. Größere Zuwachsraten gab es bundesweit mit 15 Prozent sonst nur noch in Ingolstadt. Entsprechend klein ist in der Stadt die Auswahl für Normalverdiener*innen. Mit ihren finanziellen Mitteln müssen sie sich auf zwei Prozent aller angebotenen Neubau-Wohnungen beschränken, wie das Empirica-Institut ermittelte. Folglich nimmt die Rhein-Metropole auch in dem Ranking des „Deutschen Studierendenwerks“, das die Uni-Städte mit den angespanntesten Wohnungsmärkten auflistet, eine Top-Position ein. 366 Euro durchschnittlich für ein WG-Zimmer – NRW-weit zahlen Studierende nur noch in Köln und Münster mehr. Und was für einen Schluss zieht die FDP aus dem allen? Natürlich attestiert die Partei kein Marktversagen, sondern macht im Gegenteil Regulierungen für die Misere mitverantwortlich. „Planwirtschaft hat noch nie funktioniert, deshalb ist auch die Mietpreis-Bremse wirkungslos“, meint der Düsseldorfer FDP-Ratsherr Rainer Matheisen. Ohne solche Zwänge würde die befreite Marktwirtschaft ausschlagen und überall blühende und erschwingliche Wohnungslandschaften schaffen, tagträumt der Liberale.

hubbelrather deponie undicht

Ein nicht mehr für die Entsorgung von Müll genutzter Teil der „Zentralen Deponie Hubbelrath“ verunreinigt das Grundwasser mit Schadstoffen. Messungen ergaben unter anderem erhöhte Werte für Salze, Kohlenstoffe und Halogen-Verbindungen. Die unzureichende Sicherung der Lagerstätte ist schon seit den 1980er Jahren bekannt, Sanierungsarbeiten stehen aber erst jetzt an – und das auch nur in unzureichendem Maß. Die Awista will die Deponie nämlich nicht nach allen Seiten hin abdichten. Von einem Kompromiss zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit spricht das Unternehmen deshalb. Darüber hinaus beabsichtigt es, für die Erweiterung ihrer Müllablade-Flächen Teile des Altdeponie-Geländes in Beschlag nehmen, was den Druck auf das Giftgrab noch einmal verstärkt. Darum wehrt sich Erkrath vehement gegen diese Pläne. Düsseldorf jedoch wiegelt ab. Lediglich eine „geringe Ausbreitung der Grundwasser-Verunreinigung“ gäbe es, heißt es in der Antwort der Stadt auf eine Anfrage der Partei „Die Linke“. Und die Frage möglicher Risiken und Nebenwirkungen des Ausbaus verspricht die Verwaltung gemeinsam mit der Bezirksregierung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu klären.

und jetzt auch noch asbest

Nach der Schließung der Gerresheimer Glashütte blieb eine halbe Giftmüll-Deponie übrig. Die Stadt drückte es freilich in ihrem Umweltbericht, den sie im Zuge der Umwidmung der Flächen zu Wohn-Arealen erstellen musste, ein wenig vornehmer aus. Das Gelände ist „stark anthropogen überformt“, heißt es dort. Unter dem Pflaster schlummerten Blei, Arsen, Selen, Cadmium, Schlacken, Aschen, Sulfate und andere gefährliche Substanzen aus der Glas-Produktion. Sanierungsfirmen öffneten das Schadstoff-Grab, trugen das gesamte Erdreich ab, reinigten es an Ort und Stelle und verfüllten es wieder. Das Grundwasser pumpten sie hoch, schickten es durch Aktivkohle-Filter und leiteten es dann in die Düssel ein. Bei den Arbeiten dürften ähnliche Kompromisse zwischen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit zum Tragen gekommen sein wie bei der Awista in Sachen „Alt-Deponie Hubbelrath“ (s. o.). Und jetzt kommt noch etwas dazu: Asbest. Diesen Giftstoff hatten frühere Gutachter*innen übersehen, was ja schon mal vorkommen kann bei so viel Auswahl. Die Entsorgung des Minerals, das sich im Estrich und Fensterkitt der alten Industrie-Bauten befindet, macht besondere Vorsichtsmaßnahmen nötig und verteuert den Abriss der Gebäude für die Stadt um rund eine Million Euro.

spart euch ein!

Trotz langen Wartens etwa auf eine Geburtsurkunde, Bau-Genehmigung oder Auto-Zulassung erkennt die Ampel-Koalition Rationalisierungspotenzial bei den Düsseldorfer Ämtern. „Wenn ich mir die Verwaltung anschaue in Düsseldorf, das ist eine Organisation, die über 15 Jahre sich entwickelt hat, ich sag mal, nicht immer so, dass man dem Gedanken der effizienten Tätigkeit gefolgt ist“, meint Oberbürgermeister Thomas Geisel. Darum will er bis zum Jahr 2020 rund 2.000 der 9.700 Stellen bei der Kommune streichen. Der Sozialdemokrat beabsichtigt, sein Vorhaben ganz ohne Kündigungen über die Bühne zu bringen. Er setzt – bei 3.000 städtischen Mitarbeiter*innen über 50 Jahre – ganz auf die biologische Lösung: Es soll sich alles langsam ausschleichen. Die Feinarbeit bei dem Prozess delegiert der OB dabei an die Amtsleiter*innen. Diese erhielten von ihm nämlich die Order, Pläne dafür vorzulegen, wie sie in ihren jeweiligen Ressorts mit 20 Prozent weniger Personal auskommen könnten. Einige Vorschläge dafür liegen jetzt auf dem Tisch. 600 Ideen ventilierten die Beamt*innen, und entsprechend kleinteilig nimmt sich das Ganze auch aus. Der Steueramtsleiter stellt sein Vorzimmer zur Disposition, Telefon-Auskünfte sollen künftig mit Hilfe eines elektronischen Assistenten erfolgen und Akten zu Dateien werden. Es steht aber womöglich auch Drastischeres an wie etwa die Schließung von Stadtteil-Bibliotheken oder des Versicherungsamtes, das die Bürger*innen bei Fragen zu Renten-, Kranken-, Pflege- oder Arbeitslosen-Versicherung berät. Der Personalrat Wolfgang Hose lehnt die Spar-Pläne nicht nur deshalb ab: „Die Zielvorgabe von 20 Prozent ist angesichts wachsender Einwohner-Zahlen und Aufgaben nicht leistbar“, sagte er laut RP.

keine solidarität mit kurd*innen

Die Türkei löscht ganze kurdische Städte und Dörfer aus. Erdogans Armee tötet, vertreibt die Menschen und nimmt Bürgermeister*innen in Haft. Die Partei „Die Linke“ hat den Rat der Stadt in diesem Zusammenhang zu einem Akt der Solidarität mit den inhaftierten kurdischen Bürgermeister*innen aufgefordert. Sie regte an, eine Delegation zusammenzustellen und die Amtsträger*innen im Gefängnis zu besuchen. Der Rat lehnte das jedoch – anders etwa als sein Pendant in Oberhausen – ab. Zuvor schon hatte er sich nicht dazu bewegen lassen, auf offizieller Ebene alle Kontakte mit dem türkischen Konsulat auf der Willstätter Straße solange einzustellen, bis sich die Regierung in Ankara wieder zu Friedensverhandlungen bereit zeigt.

goethe fights back

Auch bei der Kultur will die Ampelkoalition sparen. Konkretere Pläne hat sie allerdings bis jetzt nur für die kleinen Einrichtungen entwickelt. So beschlossen SPD, Grüne und FDP die Schließung des Theatermuseums. Zunächst strebten die Parteien eine Fusion mit dem Filmmuseum an, davon mussten sie allerdings ablassen, weil die Räume an der Schulstraße sich dafür als zu klein erwiesen hatten. Jetzt soll das Museum in das alte Postgebäude am Hauptbahnhof ziehen und dort später zu anderen kulturellen Institutionen wie der Stadtbibliothek stoßen. Bei den anderen Häusern erwägt das Rathaus zumindest die Zusammenlegung einzelner Abteilungen. Der scheidende Direktor des Theatermuseums, Winrich Meiszies, weint seinem Museum keine Träne nach und begrüßt das Vorgehen der Stadt. Er hofft darauf, künftig mit Ausstellungsgastspielen in den Theatern mehr Besucher*innen ansprechen zu können und findet es „eine spannende Möglichkeit, mit mehreren Instituten unter einem Dach die Kräfte zu bündeln“. Christof Wingertszahn vom Goethemuseum übt hingegen offen Kritik an der Düsseldorfer Kulturpolitik. Die Pläne zu einer Zentralisierung der Museumslandschaft zeugen für ihn von einer unseligen Verquickung von Kultur und Ökonomie. Es sei aber nicht „Sinn von Kultur, eine Wirtschaftsmarke für Düsseldorf zu sein“, meint Wingertszahn und warnt: „Düsseldorf ist noch Kulturstadt. Die gegenwärtig laufenden ‚Optimierungsprozesse’ der Unternehmensberater und Marketing-Spezialisten geben Anlass zur Sorge, wie lange sich das Etikett halten lässt“.

sperrklausel beschlossen

Im Jahr 1999 hatte der nord­rhein-westfälische Verfassungsgerichtshof die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen als verfassungswidrig eingestuft (TERZ 06.16). Darum fiel diese Sperrklausel. Wer jetzt die notwendigen Stimmen für mindestens einen Sitz zusammenbekam, konnte auch ins Rathaus einziehen. Daran störte sich nun aber eine Große Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Die „volle Handlungsfähigkeit“ der Räte und Kreistage sei „in hohem Maße gefährdet, da die stark gestiegene Zahl von Einzelmandatsträgerinnen und -trägern und nicht fraktionsfähigen Gruppen ihre Arbeit behindern und teilweise erheblich erschweren“, befanden die Parteien. Um ihre eigene Handlungsfähigkeit durch den Ausschluss der politischen Konkurrenz zu stärken, brachte Schwarzrotgrün deshalb ein Gesetz zur Einführung einer 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen in den Landtag ein, das auch die nötige Mehrheit erlangte. Die Piraten-Partei kündigte jedoch eine Verfassungsklage an.

drk hält lehne

Nach dem Brand in der Düsseldorfer Geflüchteten-Unterkunft auf dem Messe-Gelände wollte der Düsseldorfer Rechtsanwalt, CDU-Politiker und DRK-Vorsitzende Olaf Lehne die mutmaßlichen Brandstifter*innen sogleich abschieben. „Wer solch eine Einrichtung anzündet und damit andere Flüchtlinge und die Hilfskräfte in Gefahr bringt, ist kriminell, und wer kriminell ist, den braucht unser Land nicht“, sagte Lehne laut Rheinischer Post. Wer als Jurist in so unverantwortlicher Weise kurzen Prozess machen will und als DRK-Vorsitzender nichts über die Schutz-Garantien der Genfer Flüchtlingskonvention weiß, den braucht das Deutsche Rote Kreuz nicht, meinten hingegen die Grünen und die Linkspartei: Sie forderten den Rücktritt des Posten-Jägers. Das DRK will ihn jedoch halten. Man habe seine Einlassung zwar „kritisch und in Teilen mit Irritationen verfolgt“, zumal sie mit der Satzung „schwer zu vereinbaren“ seien, verlautete von den Verantwortlichen, andererseits aber hätte Lehne dabei „das Wohl der Mitarbeiter seines Kreisverbandes“ und auch das der diesem „anvertrauten Flüchtlinge“ im Auge gehabt.