„Wenn das Volk in der Pandemie auf die Straße geht, ist es, weil die Regierung gefährlicher als das Virus ist“

Kolumbien im Ausnahmezustand

Mehrere hundert Menschen demonstrierten am 9. Mai in Düsseldorf vor dem Apollo-Theater unter dem Motto „SOS Colombia“.

Gegen den fortwährenden Ausnahmezustand, gegen die in der Pandemie noch weiter zunehmende Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung, gegen die Ermordung von Demonstrant*innen in den Straßen der Städte Cali und Bogota und gegen den kolumbianischen Präsidenten Iván Duque, der keine Perspektive für Frieden schafft, sondern mit massiver Repression und mit Menschenrechtsverletzungen gegen jede Form von Widerstand vorgeht, der sich gegen sein Regime richtet.

Auch am 22. Mai fand in Düsseldorf eine größere Demonstration mit 200 Menschen statt, die in Solidarität mit den kolumbianischen Protestierenden und Streikenden auf die Straße gehen.

„SOS Colombia“

Seit Ende April befindet sich Kolumbien im Ausnahmezustand, angefangen mit Protesten gegen eine drohende Mehrwertsteuererhöhung (die inzwischen zurückgenommen wurde). Soziale Bewegungen hatten für den 28. April zum Generalstreik aufgerufen – die angekündigte Steuerreform drohte in erster Linie die Mittelschicht und diejenigen zu treffen, die sowieso kaum genug Geld zum Leben haben. Eine massive Verteuerung von Grundnahrungsmitteln war zu befürchten. Auf die Straße gehen täglich große Teile der Bevölkerung, die für ein Leben in Frieden und ohne Hunger demonstrieren.

In Kolumbien leben mehr als 20 Millionen Menschen in Armut, die im Land wütende Corona-Pandemie verschärft die Situation zusätzlich, viele Menschen verlieren ihren (oftmals sowieso prekären) Job. Die Konsequenzen sind inzwischen deutlich sichtbar. Wo rote Tücher in den Fenstern eines Hauses hängen, bedeutet dies: Hier leben Menschen, die hungern.

Geld wird von der Regierung allerdings nicht in Armutsbekämpfung, Gesundheitsversorgung und Bildung gesteckt, sondern unter anderem in Militärausgaben und Aufrüstung der Polizei.

„Kolumbien ist eine Diktatur, verkleidet als Demokratie“

Die Menschen in Kolumbien demonstrieren für Frieden. Seit dem international hochgelobten Friedensabkommen der Regierung mit der FARC im Jahr 2016 sind in Kolumbien über 1.000 Aktivist*innen der neuen sozialen und politischen Bewegungen, Menschenrechtsaktivist*innen und ehemalige FARC-Kämpfer*innen ermordet worden. Die Zahl der Menschenrechtsverletzungen steigt, Proteste der indigenen Bevölkerung werden militärisch niedergeschlagen. Aktivist*innen werden weiterhin durch Morddrohungen eingeschüchtert. Auch Armut, Gewalt und Ungleichheit in Kolumbien sind durch das Friedensabkommen nicht geringer geworden.

„Wir werden ermordet mit deutschen Waffen“

... rufen die Demonstrant*innen in Düsseldorf. Trotz der katastrophalen Menschenrechtssituation in Kolumbien wurden allein zwischen 2001 und 2018 mit Genehmigung der Bundesregierung Rüstungsgüter im Wert von mehr als 320 Millionen Euro nach Kolumbien exportiert (siehe waffenexporte.org).

„Die Regierung tötet Zivilisten, die in Würde leben wollen“

Und auch die aktuellen Proteste, bei denen es schon lange nicht mehr um eine Steuerreform, sondern um den Wunsch nach umfassenden Veränderungen und die Absetzung des Präsidenten Duque geht, werden brutal angegriffen. Allein in Cali, einer der Zentren der Proteste, sind über 100 Menschen verschwunden, mindestens 40 Aktivist*innen wurden getötet. Polizei und deren Sondereinheiten, vermutlich unterstützt von paramilitärischen Gruppen, greifen die Aktivist*innen an, verhaften sie willkürlich. Trotzdem gehen die Proteste weiter.

„Die Hoffnung auf ein besseres Leben“ ...

... ist das, was die Menschen bei der Stange hält. Überall in den Städten und auf dem Land gibt es große übergreifende Mobilisierungen. Die „erste Reihe“ schützt die Demonstrationen und Blockadepunkte, andere wiederum unterstützen die Proteste durch tägliche Essensversorgung. Auf den Straßen entstehen selbstorganisierte Gesundheitsstationen, wo alle behandelt werden, Kultur und Selbstorganisation finden überall ihren Raum, trotz all der Gewalt wird die Bewegung nicht kleiner, sondern immer mehr Menschen werden mobilisiert.

Maja Gans

Kolumbien im Aufstand

Ein Land im Aufbruch - wer sind die Menschen, die seit über einem Monat auf den Straßen sind? Was wollen Sie? Was hoffen Sie? Wie sieht die Menschenrechtssituation in Kolumbien aus? Was machen Polizei und Militär? Wie sind die internationalen Reaktionen?

Online-Veranstaltung am Donnerstag, den 10. Juni um 19.30 Uhr
organisiert von ifuriosi (Interventionistische Linke, Düsseldorf) und ZAKK e.V.

In Kürze mehr auf dem facebook-Account von ifuriosi unter: https://facebook.com/IFuriosi