Mit 50 zum Realitäts-Check und zur Generalüberholung

Das BAföG wird in diesem Spätsommer 50 Jahre alt. Bildungspolitiker*innen feiern die Sozialleistung für Studierende und Schüler*innen als Erfolgsstory. Zu einer Festrede bei der Geburtstags-Party muss aber auch ein gute Portion Kritik gehören. Denn im 50. Lebensjahr hat das Berufsausbildungsförderungsgesetz nicht nur erste Zipperlein, sondern auch gehörig tiefe Macken.

Schön, dass Studierende und Schüler*in­nen nun seit einem halben Jahrhundert darin gefördert werden, einen Schulabschluss über die Regelschulzeit von 10 Schuljahren hinaus oder ein Studium auch dann finanzieren zu können, wenn die ökonomische Situation in ihren Familien es eigentlich nicht möglich macht. Wo vor 1971 Vielen nach der Schule nur der Weg in einen Ausbildungsberuf offenstand, weil die Eltern sie aus ihrem Verdienst nicht finanziell unterstützen konnten, sollte das Berufsausbildungsförderungsgesetz – kurz BAföG – als „Sozialleistung“ nach dem Sozialgesetzbuch (SGB I) für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Damit war auch endlich ein Signal gesetzt dafür, dass Hochschulen und Universitäten nicht länger Orte sozialer Ausschlüsse sein sollten. Das Schlagwort der Stunde war fortan: Bildungsaufstieg. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung frohlockt zum 50. Jubiläum der Verabschiedung des Gesetzes: „50 Jahre BAföG, das sind 50 Jahre Chancengerechtigkeit und 50 Jahre individuelle Erfolgsgeschichten!“

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), ein Think Tank, der sich weltweit der Analyse von demokratischen Gemeinwesen und dem Fortschritt der Marktwirtschaft widmet, beschreibt in seiner druckfrischen Studie „Bildung auf einen Blick 2021“, dass es im Durchschnitt seiner Mitgliedsstaaten fünf Generationen braucht, „bis ein Kind aus einer benachteiligten Familie das durchschnittliche nationale Einkommen erreicht“. Und die Mitgliedsstaaten sind wohlgemerkt zum überwiegenden Teil Länder des globalen Nordens, reiche Länder. Darunter auch Deutschland. Von „Chancengerechtigkeit“ kann also auch in 2021 durchaus nicht die Rede sein.

Das thematisiert auch der Protest von Studierenden, die am 4. September 2021 deutschlandweit auf die Straße gegangen sind für eine Reform des BAföG. Ins Leben gerufen wurde ein bundesweiter Aktionstag, sichtbar im Kampagnen-Namen „#bafög50 – (K)ein Grund zu feiern!“. Dahinter steht ein Bündnis aus der fzs (dem „freien zusammenschluss von student*innenschaften“), bundesweiten Hochschulgruppen von Parteien, von Jugend-Organisationen von Gewerkschaften und von Schüler*innenvertretungen. Auch das Landes-Asten-Treffen NRW hat sich angeschlossen. Zentrale Kundgebungen fanden in Köln und Essen statt.

Ihr Ausgangspunkt: Das BAföG kommt heute nur noch 11 % der Studierenden zugute. Das spiegelt wider, wovon Amanda Steinmaus, Vertreterin des Landes-ASten-Treffens anlässlich der Kundgebung in Essen spricht: „Ohne ein funktionierendes BAföG gibt es in Deutschland keine Bildungsgerechtigkeit. Wenn der Geldbeutel der Eltern entscheidet, ob und wo man studieren kann, dann werden viele Hochschulen unerreichbar für Kinder aus Arbeiter*innen-Haushalten. So darf es nicht weitergehen.“ Für #bafög50 ist klar: Das BAföG kann künftig nur dann funktionieren, wenn es wieder bedarfsdeckend Vollzuschüsse gibt. Die Elternfreibeträge müssen angehoben werden. Schließlich braucht es einen klaren Realitäten-Check, an dem sich die Höhe des Zuschusses zu orientieren hat: Angemessen und passend zu den Ausgaben-Realitäten, denen Studierende und Schüler*innen ausgesetzt sind, vor allem in NRW mit steigenden Mieten in den Hochschul- und Universitätsstädten oder rund um Schulstandorte. Heute mehr denn je, da COVID19 eine riesige Lücke in Sparschweine und Zukunftsperspektiven auch von Schüler*innen, Student*innen und ihren Familien gerissen hat – vor allem dort, wo das Bildungsbudget im Familienhaushalt auch vor „Corona“ wortwörtlich von jeder Mahlzeit abgespart werden musste. „Chancengerechtigkeit“ hängt heute weiterhin am seidenen Faden staatlicher Unterstützung, die eine Generalüberholung braucht.

Mehr Informationen zum BAföG und zur Kampagne bekommt Ihr unter: https://bafoeg50.de


Der Antifa-AK an der HSD präsentiert als Mitveranstalter

INPUT – antifaschistischer Themenabend in Düsseldorf:
NS-Verherrlichung stoppen! Geschichtsrevisionistische Aufmärsche und faschistisches Gedenken in (Süd-)Osteuropa

Dienstag, 26. Oktober 2021, 19:30 Uhr im Kulturzentrum ZAKK, Fichtenstraße 40, Düsseldorf
Referenten: Johannes Hartwig und Jörg Kronauer
Mitveranstalter dieser INPUT-Veranstaltung: Rock gegen Rechts Düsseldorf e.V.

Jährlich versammeln sich Anfang Februar mehrere Tausend Nazis aus ganz Europa in der ungarischen Hauptstadt Budapest zum „Tag der Ehre“, um dort der Waffen-SS und ihrer ungarischen Verbündeten zu gedenken. Ebenfalls im Jahresrhythmus findet im März im lettischen Riga ein Gedenkmarsch zur Ehrung der lettischen Waffen-SS statt. In der bulgarischen Hauptstadt Sofia wird alle Jahre wieder zu Ehren des NS-Kollaborateurs Hristo Lukov aufmarschiert, und im österreichischen Bleiburg/Pliberk, unweit der Grenze zu Slowenien, versammeln sich einmal im Jahr teilweise über zehntausend Menschen zum Gedenken an die kroatischen Faschist*innen der Ustaša.

Die Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Verbündeten und die Relativierung und Leugnung der Shoa sind weiterhin zentrale Themen der extremen Rechten, nicht nur in Deutschland. Besonders in einigen postsozialistischen Staaten Ost- und Südosteuropas haben sich seit den 1990er Jahren geschichtsrevisionistische und NS-verherrlichende Veranstaltungen etabliert, an denen sich Faschist*innen aus ganz Europa beteiligen.

Der Vortrag wirft Schlaglichter auf die NS-Kollaboration in (Süd-)Osteuropa und zeichnet die Entwicklung der geschichtsrevisionistischen Aufmärsche nach. Zudem wird auf der Veranstaltung die Kampagne „NS-Verherrlichung stoppen“ vorgestellt. Ihr Ziel ist, die geschichtsrevisionistischen Aufmärsche in Europa zu beenden.

INPUT-Veranstalter: AG INPUT, Antifa-AK an der HSD und Antirassistisches Bildungsforum Rheinland, in Kooperation mit den Düsselfalken Für die Teilnahme beachtet bitte die aktuellen Coronaschutz-Regeln auf https://zakk.de Aktuell gilt „3-G-Regel“. Mögliche Änderungen siehe https://facebook.com/Input-Antifaschistischer-Themenabend-213910642030868 oder https://instagram.com/input_duesseldorf/