Bombengeschäfte

Kriegsgewinnler Rheinmetall

Es gab Zeiten, da wollten viele in der Stadt von Rheinmetall noch nicht einmal Geld geschenkt. Der Sponsoring-Deal mit den Stadt-Tochter „D. Live GmbH & Co. KG“ stand unter heftiger Kritik. Inzwischen ist das Schmuddelkind aber systemrelevant – und ein paar Millionen reicher. Fehlt nur noch das Nachhaltigkeitssiegel, um auf den Finanzmärkten besser an Geld zu kommen. Aber das klappt auch schon noch.

„Rheinmetall als Sponsor (!) für den Düsseldorfer Sport? Rheinmetall?“, empörte sich die nordrhein-westfälische Superministerin in spe Mona Neubaur von den Grünen im Februar 2022 auf Twitter: „Euer Ernst?“ Aber dann kam die Zeitenwende, und schon war der Rüstungskonzern im 7. PR-Himmel. „Wir wurden lange politisch in Deutschland ins Abseits gestellt, aber da bewegt sich gerade eine ganze Menge“, konstatierte der Vorstandsvorsitzende Armin Papperger. „Wir starten in eine neue Ära der Verteidigungspolitik“, jubilierte er und zeigte sich demütig: „Wir sind dankbar, dass es diesen Imagewandel gibt.“

Die Bundesregierung hatte kaum das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für das Aufrüstungsprogamm beschlossen, da wollte Papperger bereits für 42 Milliarden liefern (TERZ 06/2022). Leopard- und Puma-Panzer, Waffenträger für Militär-Fahrzeuge, Fuchs-Fahrzeuge, Flugabwehr-Türme und Helme hatte Rheinmetall im Angebot. Und auch für die Ukraine hielt die Produktpalette des Unternehmens Papperger zufolge so Einiges bereit. Mit diesem Vorpreschen rief die Waffenschmiede die Empörung der Konkurrenz hervor. „Es war mal gute Sitte, den Bundessicherheitsrat nicht öffentlich unter Druck zu setzen, bevor er solche Entscheidungen trifft“, erklärte der deutsch-französische Panzer-Hersteller KNDS und klagte: „[B]ei manchen triumphieren heutzutage anscheinend politisches Kalkül oder Geldgier über Anstand und Vernunft“.

Das traf es wohl. Tatsächlich erfüllten die Verlautbarungen des Firmen-Chefs ihren Zweck. „Im Nachgang solcher Aussagen zog die Aktie des Herstellers jeweils kräftig an“, bemerkte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Sich große Gedanken um die Kundschaft zu machen, stören da nur. In der Vergangenheit hatte Rheinmetall deshalb nie Probleme, mit Russland Geschäfte zu machen. An dem Vorhaben, dem Land ein 500 Quadratkilometer großes Gefechtsübungszentrum zum Trainieren von Häuserkampf und anderen Operationen zu bauen, hielt der Konzern sogar nach der Annexion der Krim noch fest. „Als gemeinsamer Feind galt zu jener Zeit der Terrorismus des Islamischen Staates“, rechtfertigte sich Armin Papperger im „Focus“. Als das „Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle“ intervenierte und seine Genehmigung zurückzog, reichte Rheinmetall gegen die Entscheidung Klage ein. Der Vorstand müsse im Interesse der Aktionär*innen handeln und alle Rechtsmittel ausschöpfen, so Papperger damals. Jetzt hat er freilich eine andere Meinung: „Aus heutiger Sicht ist es die richtige Entscheidung, dass wir nicht geliefert haben.“ Aber so läuft das eben in der Branche. „Dass sich politische Lagen ändern, ist immer unser Risiko. Damals galt das noch als Geschäft unter Freunden. Solche Wendungen erleben wir immer wieder“, gibt sich der Rheinmetall-Boss fatalistisch.

Für die kommenden Jahre erwartet der Konzern eine Wachstumsrate von 20 Prozent. 2022 hatte er eigentlich „nur“ mit einem Auftragseingang in Höhe von 1,6 Milliarden Euro gerechnet, aber der Ukraine-Krieg sorgte für einen „Superzyklus der Vereidigungsinvestitionen“, weshalb Papperger & Co. jetzt von sechs bis acht Milliarden ausgehen. Darum führten sie an mehreren Standorten bereits einen Mehrschicht-Betrieb ein. Die Entwicklungsabteilung beobachtet zudem das Kampf-Geschehen genau und schöpft daraus Inspirationen. So animierten die Erfolge ukrainischer Panzerabwehr-Waffen das Unternehmen dazu, ihre eigenen Tanks mit besseren Schutzsystemen auszustatten.

Seine neueste Kreation präsentierte es Mitte Juni in Paris auf der Rüstungsmesse „Eurosatory“. Als „Gamechanger für die Gefechtsfelder der Zukunft“ pries Rheinmetall dort den Kampfpanzer „KF51 Panther“ an.

Eine „Antwort auf Russlands Wunderpanzer“ sah „n-tv“ in dem Tank, während die „Welt“ gleich einen Warentest ankündigte: „Ein T-14-Armata-Killer? Das kann der neue Super-Panzer KF51 „Panther“ von Rheinmetall.“ Bei der Namensgebung zeigte der Militär-Multi traditionsbewusst, wie Andreas Seifert von der „Informationsstelle Militarisierung“ gegenüber der „jungen Welt“ kritisierte: „Damit knüpft Rheinmetall bruchlos an den namensgleichen Panzer der deutschen Wehrmacht an.“ Und auch an dessen Feindbestimmung: Der von MAN entwickelte „Panther“ war damals die Antwort auf den sowjetischen T-34.

Trotz der klingelnden Kassen möchte Armin Papperger Rheinmetall nicht als Kriegsgewinnler bezeichnet wissen. Die Frage des Focus-Journalisten: „Der Aktienkurs Ihres Unternehmens hat sich seit dem Einmarsch der Russen mehr als verdoppelt. Liegt es in der Natur der Sache, dass Rheinmetall ein Kriegsgewinnler ist?“, verneinte er wenig überraschend. „Kriegsgewinnler ist ein schlimmer Begriff, finden Sie nicht? Wir sind Krisenhelfer“, stellte der Vorstandschef richtig. Das Bündnis „Rheinmetall entwaffnen“ hat dazu eine andere Meinung. Es veranstaltet vom 30. August bis zum 4. September in Kassel ein Camp und will von dort aus viele Aktionen gegen die Rüstungsindustrie auf den Weg bringen (mehr dazu unter https://rheinmetallentwaffnen.noblogs.org).

Jan